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Als mein Sehvermögen immer schwächer wurde, fiel es mir schwer, den Langstock als Orientierungshilfe zu akzeptieren; heute bin ich für dieses Hilfsmittel, das quasi einer Lebensversicherung nahe kommt, unendlich dankbar.

Gedankenferien

21.06.2010

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Auf längeren Fahrten mit Straßen- oder U-Bahn schicke ich meine Gedanken gerne auf Reisen. Es ist ungemein entspannend, für kurze Zeit vom Alltag Abschied zu nehmen und in erfreuliche Gedanken einzutauchen.

Trotz meiner Tagträumereien habe ich mir jedoch im Laufe der Zeit angewöhnt, einen Teil meines Unterbewusstseins wach zu halten - aus purem Sicherheitsbedürfnis. und diese unterbewusste Aufmerksamkeit hat sich vergangenen Freitag während meiner Fahrt mit der U-Bahn als äußerst nützlich erwiesen.

Die U-Bahn ließ auf sich warten und war daher erwartungsgemäß überfüllt. Ich ergatterte dennoch meinen Lieblingsplatz in der Nische neben der Tür und entging so dem Gedränge, eine der Voraussetzungen, um ungestört den jüngst verbrachten Schottland-Urlaub Revue passieren zu lassen oder in die Vorfreude über die zwei bevorstehenden Urlaubswochen mit Freunden einzutauchen. Auf die Strecke musste ich nicht besonders achten, denn auf meiner Seite öffnen die Türen nur zweimal: Beim allgemeinen Krankenhaus und am Westbahnhof, wo ich umsteigen muss. Die Tonbandansage wäre übrigens wegen des Lärms durch die geöffneten Fenster ohnehin nicht zu hören gewesen.

Das Öffnnen der Türen beim allgemeinen Krankenhaus registrierte ich am Rande, tauchte aber sofort wieder ab, als ich ungewollt einen heftigen Wortwechsel zwischen einem Mann und einer Frau mitbekam.

Als die Türen erneut öffneten, wunderte ich mich, wie rasch die Fahrt vergangen war. Ich drehte mich um, um auszusteigen, was ich aber nie mache, ohne vorher mit meinem Langstock zu überprüfen, wohin ich meinen nächsten Schritt setze - eine Vorsichtsmaßnahme, die mich in diesem Fall vor einem Sturz bewahrte. Denn mein Hilfsmittel fand keinen Bahnsteig, wie tief ich es auch absenkte.

Noch bevor sich die Gedanken in der richtigen Abfolge formen konnten, wusste mein Instinkt, dass ich noch nicht am Ziel war. Der Fahrer hatte die Türen irrtümlich auf der falschen Seite geöffnet.

Sicher unterwegs

Im Orientierungs- und Mobilitätstraining lernen blinde und stark sehbehinderte Menschen einerseits, ihre restlichen vier Sinne so effizient wie möglich einzusetzen, besser hinzuhören, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und den Tastsinn, und somit den Langstock als verlängerten Arm einzusetzen. Andererseits werden auch Sicherheitstechniken gelehrt, allem voran der Grundsatz, jeden Schritt durch Kontrolle mit den anderen verbleibenden Sinnen, vor allem aber durch Einsatz von Verstand und erhöhter Aufmerksamkeit abzusichern.

Jeder örtliche Blindenverband bietet Informationen zu diesem Training an. Hier stellvertretend ein Link zu einer Wiener Einrichtung, weil ich hier arbeite und wohne:
Information zu Orientierungs- und Mobilitätstraining

Petra Raissakis bietet auf ihrer Webseite neben vielen anderen interessanten Beiträgen blinder Menschen auch eine Einblick, wie sie selbst ihr Training erlebt hat:
Mein Mobilitätstraining

Aus der Sicht sehbehinderter Menschen sieht ein solches Training etwas anders aus und wird auch anders erlebt, nachzulesen auf "Burgis Welt":
Orientierungs- und Mobilitätstraining

Die Fachgruppe Hilfsmittel hat jahrelang einmal jährlich eine so genannte Mobilitäts-Rallye durchgeführt, in der es darum ging, das im Training Erlernte praktisch und in diesem Fall zum Spaß anzuwenden:
"Fernsteuerung" per Kassettebr /> Gewonnen hat, wer sich selbst besiegt

Wenn es um Orientierung und Mobilität geht, darf das Thema Blindenführhund nicht fehlen:
Xyba - Tagebuch einer neuen Beziehung

Wie das im Training Erlernte ganz praktisch eingesetzt wird, ist an vielen Stellen im Netzt nachzulesen, auch auf diesen Seiten, z.B.:
Ein Haus wie ein Labyrinth

Kennen Sie die Rauminstallation "Dialog im Dunkeln"? Ich überlasse Sie am besten jetzt dem Guide, Harald Fiedler, der Menschen durch die Rauminstallation begleitet, die vorübergehend absolut nichts sehen können:
Geschichte einer Sucht

Ans ende dieser kleinen Linksammlung möchte ich einen Beitrag von Barbara Levc stellen, der sich zwar nicht mit der Orientierung im Straßenverkehr beschäftigt, aber dennoch etwas mit Mobilität zu tun hat, nämlich mit der Mobilität im Kopf. Und diese wiederum betrifft alle Menschen, ob nun blind oder nicht:
Sehen aus verschiedenen Blickwinkeln

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