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Reise-Tagebuch Ägypten - Für die Reise in ein Land mit einer Jahrtausende alten Geschichte sollte man sich wirklich Zeit nehmen. Manchmal kommt uns dabei die Natur zu Hilfe.

Anreise auf Umwegen

März 2006

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Unsere Reise beginnt laut Programm mit dem Abflug um 8.30 Uhr nach Alexandria; die Elemente haben aber anderes beschlossen, denn dort herrscht Sandsturm und wir erhalten keine Landeerlaubnis und werden daher nach Kairo umgeleitet. Von da sollen die etwa 260 Personen mit sechs Bussen die Strecke von 210 Kilometern nach Alexandria gebracht werden.

Auf gut Europäisch könnte man eine solche Situation als logistisches Problem bezeichnen, aber wir haben solche Denkweisen ja zu Hause gelassen.

Es ist also Zeit, Sie mit dem ersten Begriff, dem I, bekannt zu machen, den wir in unserem mentalen Gepäck haben. Dieses Zauberwort heißt Inshallah und bedeutet in etwa: "Wenn es dem Allmächtigen gefällt", "so Gott will".

Inshallah deckt eine unglaubliche Bandbreite an Nuancen ab. Es drückt tief empfundenes, ehrliches Gottvertrauen ebenso aus wie den Versuch, die eigene Bequemlichkeit hinter dem Willen des Allmächtigen zu verstecken.

Auf unsere Situation übertragen bedeutet das: Inshallah werden Busse da sein, Inshallah werden die Koffer in dasselbe Hotel kommen wie wir ...

Aber die Koffer sind da und die beiden, die fehlen, sind schon in Österreich verschlampt worden.

Seltsamer Konvoi

Man lotst uns durch die Einreiseformalitäten und verfrachtet uns schließlich in einen Bus, dann in einen zweiten und noch in einen dritten. Niemand weiß so recht, was hier vor sich geht, und eine Reihe recht unmutiger Stimmen werden laut. Dass es inzwischen 17.30 Uhr ist und wir seit dem Imbiss im Flugzeug um 10 Uhr nichts mehr zu essen bekommen haben, trägt neben der ungewohnten Hitze und der Verunsicherung sicher auch zu der etwas mürrischen Stimmung bei, die immer mehr um sich greift. Als ob man durch Gemurre auch nur irgend etwas verändern oder bewegen könnte!

Erstaunt stelle ich fest, dass ich mich offenbar schon akklimatisiert habe, denn normalerweise stört mich kaum etwas so sehr wie mangelnde Organisation oder fehlende Information. Ich stopfe kurz entschlossen meinen Schal als "Knebel" in das riesige Loch der Klimaanlage oberhalb meines Sitzplatzes, aus dem es schrecklich kalt zieht und in dem ich lose Kabel ertaste. Nicht Organisation, sondern Improvisation steht jetzt auf dem Programm.

Auf der dreieinhalbstündigen Busfahrt klärt uns Mohammed, unser Fremdenführer für die nächsten 8 Tage, über die näheren Zusammenhänge auf. Für mich klingt alles sehr logisch: Durch den Sandsturm ist der Flug umgeleitet worden. Um sich rechtlich gegen eventuelle Forderungen abzusichern, muss die Fluglinie angeblich für den Transport der Gäste bis ans geplante Ziel Sorge tragen.

Und so fahren schließlich 12 Busse gegen 19 Uhr im Konvoi und mit Polizeigeleit nordwärts - 6 Busse der Fluglinie mit den Gästen und 6 leere Busse des Reiseveranstalters mit unserem Gepäck.

Ich habe ausreichend Zeit nachzurechnen und muss die Flexibilität des ägyptischen Veranstalters bewundern: Die eine Reisegruppe sollte in Alexandria das Flugzeug besteigen und wir sollten stattdessen dort abgeholt werden. Nun müssen stattdessen die Heimkehrer mit den Bussen nach Kairo gebracht und wir an ihrer Stelle abgeholt werden.

Das mehrfache Umsteigen mag mancher als Schikane angesehen haben, aber irgendwie angenehmer, als mit Winterjacken bei geradezu sommerlichen Temperaturen auf den nächsten Schweißausbruch zu warten - in Wien hat es ja nur 0 Grad gehabt.

Ziel erreicht

Die Koffer sind übrigens trotz dreimaligem Umsteigen in unseren Zimmern. Dem Allmächtigen hat es also gefallen, uns wohlbehalten ans Ziel zu bringen - inshallah!

Als ich um 1 Uhr morgens nach herrlichen fünf Minuten unter der Dusche und dem vergeblichen Kampf gegen die schlecht schließenden Fenster ins breite Bett sinke, grüble ich noch eine Weile über die Frage nach, welchen Stellenwert in einem Land mit einer jahrtausende alten Kultur ein paar Stunden Verzögerung haben mögen.

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