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Reise-Tagebuch Ägypten - 4. Tag: Luxor.

Könige und Königinnen

März 2006

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Ich glaube, alle haben sich auf den zweiten Teil der Reise besonders gefreut. Zum einen wegen der berühmten und teilweise gut erhaltenen Tempelanlagen, zum anderen sicher auch wegen der geradezu sommerlichen Wärme in Oberägypten. Ein weiterer Grund ist das Kreuzfahrtschiff, denn unser schwimmendes Hotel hat neben vielen anderen Vorzügen auch den Charme, dass wir bis zum Ende der Reise keine Koffer mehr ein- und auspacken müssen.

Aber noch ist es nicht so weit.

Etwas frierend stehen wir am Bahnhof von Gizeh, gespannt, ob alles klappen wird und ein wenig bange vor der Aussicht um 4.15 Uhr geweckt zu werden. Denn unser Zug soll um 5 Uhr in Luxor ankommen. Von da wird es aber nicht gleich zum Schiff gehen; vielmehr werden wir einen ereignisreichen Tag mit vielen Programmpunkten und eine beachtliche klimatische Veränderung zu bewältigen haben.

Was man mit einer Reisegruppe um 5 Uhr morgens unternehmen kann, weiß ich zwar nicht, aber das soll nicht meine Sorge sein - malesh. Und damit mache ich Sie mit dem dritten Wort meines mentalen Reisegepäcks bekannt: Malesh bedeutet so viel wie "egal", "macht nichts".

Genau wie bei den beiden anderen Begriffen - Inshallah und Bukra - ist der Spielraum für die Bedeutung ziemlich variabel. Ich habe mir dieses malesh für all jene Gelegenheiten als "Schutzschild" zugelegt, in denen etwas nicht nach Wunsch verläuft: Die besetzten Stammplätze im Bus, verzögerte Abfahrten, unfreundliche Worte oder kein Toilettpapier, heraushängende Kabel - eben für alles, was das Gemüt aus dem Gleichgewicht bringen könnte.

Da ich aber weder Arabisch kann noch Spezialistin für orientalische Mentalität bin und Sie mich eigentlich durch ein faszinierendes Land und durch viele Jahrtausende begleiten, breche ich meine Betrachtungen hier ab.

Im Tal der Könige

Sonnenaufgang im Tal der Könige

Der Zug ist pünktlich, und gegen 6 Uhr treffen wir bereits im Tal der Könige ein.

Noch ist es kühl, aber die Sonne ist soeben aufgegangen und über den rotbraunen Hügeln wölbt sich ein strahlend blauer Himmel. Vergessen sind Schlafmangel und Müdigkeit. Die Begeisterung ergreift nicht nur die nimmermüden Fotografen; einige stehen einfach nur da und lassen sich von der Stimmung einfangen.

Reisegruppe vor Gräbern

Schließlich reißen wir uns los, um mit Mohammed wieder in die Welt der Pharaonen und deren Götter einzutauchen.

Eines ist wohl allen Religionen gemeinsam: Die menschliche Seele strebt nach Erlösung, ewigem Frieden und Licht.

Besteigt ein Pharao den Thron, wird sofort mit dem Bau seines Grabmals und mit dessen Ausgestaltung durch Wandmalereien begonnen. Nach seinem Tod und der Einbalsamierung erhält er für die anstrengende Reise durch die Unterwelt Proviant und Kunstschätze als Grabbeigaben. Diese benötigt die Seele auf ihrer Reise durch die Nacht, wo viele Gefahren lauern.

Grabeingänge

Auf dieser Reise in zwölf Etappen, die die zwölf Stunden der Nacht symbolisieren, erleuchtet Amun Re den Weg durch Dunkelheit und Gefahr.

In der letzten Stunde der Nacht ist Amun Re jedoch erschöpft, ihm steht daher Chepre zur Seite, der Gott der aufgehenden Sonne, dessen Symbol der Skarabäus ist.

Bevor die Seele jedoch endgültig ans Licht darf, wird das Herz in die eine Waagschale, eine Feder in die andere gelegt. Nur wenn das Herz des Menschen leichter ist als die Feder, steigt die Seele empor und existiert weiter in ewigem Licht.

Wir treten wieder ins Freie und kehren damit in die sichtbare Welt zurück. Bisher sind im Tal der Könige 64 Gräber freigelegt; erst letzte Woche ist eines gefunden und mit den Ausgrabungen begonnen worden. Die Gräber sind aus der 18. bis 20. Dynastie (1870-900 vor Christus).

Grabmalerei

Während die Pharaonen des Alten Reiches in Gizeh in Pyramiden ihre letzte Ruhestätte fanden, wurden die des Mittlern und Neuen Reiches in Felsengräbern bestattet.

Die Farben der Wandmalereien sind auch nach mehr als 3000 Jahren erstaunlich gut erhalten. Die chemische Zusammensetzung dieser Farben ist heute noch teilweise ein Rätsel. Man weiß jedoch, dass gemahlenene Steine, Insekten und andere tierische Stoffe die Grundlage bilden und mit Eiweiß gebunden worden sind. Diese Farben haben jedenfalls Jahrtausende überdauert.

Talschluss

Uns bleibt ein wenig Zeit, und so wandern wir einen Weg bergan zu einer Ausgrabungsstätte. Dort steht ein junger Mann, der uns ungebeten und freundlich lächelnd über die Ausgrabungen informiert. Dann erzählt er uns, dass man durch einen engen Felsgang hindurch zum Tempel der Hatschep Sut gelangen kann, dass dies mit einem Bus aber viel bequemer wäre. Eigentlich verrät er uns nichts, was wir nicht von Mohammed schon gehört hätten, aber wir haben Zeit und hören seinen Erzählungen zu. Ich kann zwar die Geste nicht sehen, aber dennoch weiß ich genau, dass er uns zum Abschied die Hand entgegenstreckt. Schließlich hat er uns einen Dienst erwiesen, uns etwas über sein Land erzählt, auf das er stolz ist, und natürlich erwartet er dafür ein Gegengeschenk, das wir ihm nicht verweigern.

Wir Europäer sind geneigt diese nach Bakschisch heischende Geste als aufdringlich zu empfinden, aber wenn man die ägyptische Mentalität zu verstehen versucht, wird schnell klar, dass es auch eine andere Betrachtungsweise gibt. Denn Bettler findet man trotz der oft recht offensichtlichen Armut eines Großteils der Bevölkerung so gut wie nie. Immer wird der Ägypter seine Dienste, Informationen oder irgendeine Ware anbieten - sich zumindest den Anschein geben, dass er etwas anzubieten hat.

Steine - damals und heute

Bearbeitung von Alabaster

Unterdessen ist es Zeit zum Aufbruch in eine Alabaster-Werkstatt. Hier wird uns die handwerkliche Bearbeitung verschiedener Steinarten gezeigt. Hauptsächlich ist es aber Alabaster, die leicht zu bearbeitende Gipsart, der hier von geschickten Händen in Form gebracht wird.

Alabaster-Figuren

Natürlich gibt es auch eine Einkaufsmöglichkeit. Manche der Arbeiten wirken eher grob, aber andere sind so fein gearbeitet, dass man eine Lupe benötigen würde, um die Details genau zu erkennen. Und ich stelle wieder einmal fest, wie gern ich Stein anfasse, ob nun naturbelassen, grob behauen oder geschliffen.

Eine mächtige Frau

Tempel der Hatschep Sut

Wir steigen weider in den Bus und empfinden die Klimaanlage jetzt als sehr angenehm. Die Fahrt dauert nur kurz, aber sie führt uns wieder weit in die Vergangenheit, nämlich zum Tempel der Königin Hatschep Sut, einer Königin der 18. Dynastie.

Sie war die Tochter Thutmosis I., des Begründers der 18. Dynastie, und gleichzeitig die Schwester und Gattin Thutmosis II. Darüber hinaus war sie Tante und Stiefmutter von Thutmosis III.

Statue der Hatschep Sut

Bei diesen verworrenen Familienverhältnissen muss ich unwillkürlich an Mohammeds Bemerkung denken, dass diese Fakten nicht so wichtig sind wie die Eindrücke, die man sammelt und mit nach Hause nimmt.

Tempel-Durchgang

Der Tempel ist in Terrassenform angelegt und unter diesem wurde dessen Baumeister Semnut begraben. Man sagt ihm ein Verhältnis mit der Königin nach, aber wer kann das heute noch sagen?

Um Hatschep Sut ranken sich viele Geschichten. So etwa, dass sie Thutmosis III., der zu Regierungsantritt noch ein Kind war, in den Norden "sandte", sich selbst als Tochter eines Gottes bezeichnete, sich als Mann verkleidete und auch so darstellen ließ, und schließlich die Herrschaft übernahm.

Steinwand mit Malerei

Hatschep Sut regierte 20 Jahre lang und pflegte freundschaftliche und wirtschaftliche Beziehungen zu den Nachbarländern. Durch den regen Handel mit Gold und Gewürzen war dies eine Blütezeit für das Land - mit einem jähen Ende.

Hieroglyphen in Stein

Es wird vermutet, dass Thutmosis III. Hatschep Sut ermorden und nach einigen Jahren alle Darstellungen der Königin entfernen ließ.

Tribut an die Königinnen

Vom Tal der Könige hat wohl schon jeder einmal gehört, vom Tal der Königinnen vermutlich weniger. Nach einem Besuch des Tempels der Haptschep Sut scheint es nur recht und billig, auch dem Tal der Königinnen einen Besuch abzustatten.

Inzwischen ist die Sonne höher gestiegen und brennt gnadenlos auf uns herab. Die kurze Nacht in Kombination mit der ungewohnten Hitze trägt vermutlich wesentlich dazu bei, dass wir plötzlich wenig Lust verspüren, weitere Gräber zu besichtigen, in denen die Luft schlecht, heiß und stickig ist. Wir freuen uns daher ehrlich, als Mohammed zum Aufbruch drängt.

Noch 2 Giganten

Die Memnon-Kolosse

Aber bevor wir unser Schiff erreichen, halten wir bei den berühmten Memnon-Statuen. Die beiden Sitzfiguren stellen den Pharao Amenophis III. dar und bewachten einst dessen Tempel, von dem jedoch kaum etwas übrig ist.

(Auch wenn laut Mohammed Daten und Fakten nicht so wichtig sind, hat es mich dennoch interessiert, wieso Statuen von Amenophis III. Memnon-Kolosse genannt werden. Wer ähnlich neugierig ist wie ich, findet einiges darüber in der freien Enzyklopädie Wikipedia unter dem Begriff "Memnonkolosse".)

Unser neues Quartier

Gegen Mittag treffen wir auf der MS Monaco ein und sind begeistert: Große Kabinen mit allem Komfort und jede Menge freundliches Personal. Dazu strahlender Sonnenschein und etwa 30 Grad. Vergessen sind Schlafmangel und Anstrengungen.

Sonnenuntergang beim Luxor-Tempel

Der Nachmittag steht zur freien Verfügung. Man könnte eine Kutschenfahrt durch Luxor unternehmen - vielleicht beim nächsten Besuch. Diesmal genießen wir lieber die wärmenden Sonnenstrahlen an Deck. So tanken wir Energie für den nächsten Tag.

Natürlich lassen wir uns den spektakulären Sonnenuntergang über dem Luxortempel nicht entgehen, den wir am folgenden Tag besichtigen werden.

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Bildbeschreibungen: Dorothea WINTERLING

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