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Was man auf Reisen keinesfalls zu Hause vergessen sollte, ist die Flexibilität.

Berliner Impressionen
Auf in die deutsche Metropole!

Juli 2014

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Bereits im April habe ich gedroht: Berlin, wir kommen! Am 27. Juli ist es dann so weit. Der Begleitservice am Bahnhof Wien-Meidling ist ebenso gebucht wie am Umsteige-Bahnhof Dresden und dem Berliner Hauptbahnhof. Ausgerüstet mit einem Koffer, einer Reisetasche und vielen Notizen über Berlin geht es mit der U6 nach Wien-Meidling. Wir sind pünktlich — der Begleitservice nicht. Nach 10 Minuten vergeblichen Wartens ziehen wir alleine los. Hannes findet auch die Abfahrtstafel und kann sie mit Müh und Not entziffern. Aber dann hilft eine nette Passantin und wir gelangen rasch und problemlos zum richtigen Bahnsteig. Hannes findet dort auch den Wagenstandsanzeiger, lesen kann er ihn aber nicht. Zum Glück stehen viele Leute herum und so erfahren wir rasch, in welchem Abschnitt unser Wagen halten wird.

Und dann ist plötzlich auch der Begleitservice da mit einer Entschuldigung für die Verspätung. Als der Zug kommt, unternimmt unser Begleiter den Versuch, uns zu unseren Plätzen zu begleiten. Aber das Vorhaben ist zum Scheitern verurteilt, denn alle stecken hoffnungslos eingekeilt fest. Eine Reisegruppe von geschätzten 40 Personen belagert Gänge und sogar den Übergang zum nächsten Wagen. Vermutlich weiß nur der Reiseleiter, wohin die Leute sollen, aber der ist offenbar nicht da.

Der Zug setzt sich in Bewegung, und wir können vorerst weder vor noch zurück. Irgendwann bewegt sich doch etwas, und wir fragen uns bis zu unseren Plätzen durch.

Die erste Etappe hätten wir also geschafft.

Umweg inbegriffen?

Die Route führt über Hohenau an der March über Brünn, Prag, Usti nad Labem (Usti an der Elbe), Bad Schandau nach Dresden., wo wir umsteigen müssen. (Üblicherweise fährt dieser Zug von Wien nach Berlin durch. Aber natürlich gerade dann nicht, wenn wir unterwegs sind. Am 26. und 27. Juli muss man umsteigen, so steht es auch im Fahrplan.)

Als der tschechische Schaffner unsere Fahrkarte kontrolliert, informiert er uns in passablem Deutsch, dass von Usti nad Labem bis Dresden der Zug im Schienenersatzverkehr mit Bussen geführt wird; er verspricht uns aber Hilfe beim Umsteigen. Das beruhigt uns, denn in dem Chaos aufgeregter kreuz und quer laufender Fahrgäste die Abfahrtsstelle des Busses zu finden, ist eine Herausforderung, der wir uns mit schwerem Gepäck nicht freiwillig stellen möchten.

Wir rätseln eine Weile an dem logistischen Problem herum, wie viele Busse wohl benötigt werden, denn der Zug ist sehr lang und außerdem gerammelt voll. Der Fahrgast gegenüber spricht Deutsch, und er weiß nichts von einem Schienenersatzverkehr, verlässt den Zug allerdings auch schon in Prag. Dort ist Fahrgast-Chaos und auch Schaffnerwechsel, und damit scheinen sich auch die Pläne der Bahn zu ändern. Denn auf unsere Frage zum Thema Schienenersatzverkehr reagiert der Schaffner sehr erstaunt und versichert uns, dass wir planmäßig bis Dresden durchfahren dürfen. Wir vermuten, dass der Ersatzverkehr wohl nur für den Nahverkehr gilt.

Deutsches Organisationstalent

Wir erreichen Dresden mit einiger Verspätung. Eine Dame des Begleitservice nimmt uns sofort im Empfang mit den Worten: "Wir haben leider ein kleines Problem: Der Waggon, in dem Sie reserviert haben, ist nicht vorhanden." Uns lässt das kalt. Es sind nur noch zwei Stunden Fahrzeit bis Berlin und die Hauptsache ist, dass wir in den Zug kommen. Der steht am selben Bahnsteig gegenüber. Was also sollte da noch schief gehen. Die nette Dame sieht das anders. Energisch schubst sie uns in die Erste Klasse, wechselt ein paar Worte mit dem Schaffner (die hat wohl keine Angst, der Zug könnte abfahren, während sie noch fleißig am Organisieren ist!). Letztlich füllt sich der Waggon mit all jenen Fahrgästen, die im selben Waggon wie wir reserviert hatten.

Die letzte Etappe

Wir erreichen Berlin etwas verspätet, weil der Zug, bedingt durch Gleisbauarbeiten, nicht wie üblich über Südkreuz fahren kann und wir daher einen Umweg über den Ostbahnhof machen. Doch am Hauptbahnhof werden wir bereits erwartet. Zuerst geht es ins Reisezentrum, wo wir Wochenkarten kaufen, dann weiter zur U55. Im Vorfeld habe ich schon herausgefunden, dass die S-Bahnstrecke zwischen Friedrichstraße und Zoo während unseres Aufenthalts wegen Bauarbeiten unterbrochen ist. Wir fahren also nicht die uns bekannte Strecke mit S5 und S1, sondern zwei Stationen mit der U55 bis Brandenburger Tor, wo wir dann in die S1 umsteigen können.

Als wir am Brandenburger Tor ankommen, heißt es zuerst sich zu orientieren. Ab jetzt sind wir auf uns gestellt, und Hannes nutzt fleißig sein Fernrohr, um die zahlreichen Schilder zu studieren, denn Ma(n)n mag nicht fragen. Die Rolltreppe ist ebenso außer Betrieb wie der Fahrstuhl, und wir schleppen unser Gepäck über scheinbar nicht enden wollende Treppen, bis wir endlich am richtigen Bahnsteig ankommen.

In Steglitz, unserem Zielbahnhof, zeigt uns ein Ehepaar den Lift — welche Erleichterung. Die letzte Etappe sind 10 Minuten Fußweg (wegen des schweren Koffers und den unebenen Bürgersteigen eher mehr). Ich zücke mein Handy, um die Schlüsselübergabe zu vereinbaren. Wir haben beim Blindenhilfswerk Berlin eine Gästewohnung gemietet, sind also Selbstversorger. Und als wir ankommen, sind wir vor allem froh, jetzt eine Woche lang ohne Gepäck unterwegs sein zu können. Und wir freuen uns auf die Dusche, denn Berlin hat uns trotz vorgerückter Stunde mit tropischem Wetter empfangen: Gefühlte 30 Grad bei 100 Prozent Luftfeuchtigkeit.

Aber vorerst sind wir am Ziel und richten uns erst einmal häuslich ein.

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