Sie sind hier:

Alltag

Zur Navigation

Ein guter Kompromiss entsteht, wenn jeder jedem ein wenig entgegen kommt.

"Problematisches Dokument-Format"

30.10.2013

Zu den (1) Kommentaren

Noch vor wenigen Jahren war mein Schreibtisch voll von gedruckten Informationen, die ich nur mit Hilfe eines Scanners oder eines Menschen lesen konnte. Heute werden Dokumente vorwiegend elektronisch übermittelt - ein wahrer Segen, denn meine technische Ausstattung erlaubt mir den direkten Zugriff auf solche Schriftstücke - es sei denn, ich treffe auf Barrieren.

Das "P" in PDF steht für "Portable", in den Köpfen vor allem blinder und stark sehbehinderter Anwender aber eher für "problematisch". Auf der anderen Seite rauft sich sicher so mancher Ersteller eines Dokuments die Haare, wenn er die Forderung erfüllen soll, ein barrierefreies PDF zu erzeugen.

Bei Fließtext mit Überschriften, einigen Links und vielleicht noch Aufzählungen in Listenform und einfachen Tabellen kann man mit vertretbarem Aufwand dieser Forderung nachkommen, wie auf webdesign.weisshart.de nachzulesen ist.

Ein anspruchsvoller Cocktail

Bei vielen Dokumenten, die als PDF angeboten werden, handelt es sich aber nicht um bloßen Fließtext. Vielmehr besteht dieser Cocktail aus einem hochprozentigen Mix von Texten, Bildern, Diagrammen und Tabellen, womöglich gespickt mit Querverweisen Fußnoten und verschiedenfarbigen Markierungen und Pfeilen - alles zum besseren Verständnis für die Mehrzahl der Endverbraucher.

Die Beliebtheit des Formats leuchtet ein. Denn je komplexer eine Darstellung, desto wichtiger ist es, dass diese beim Ausdruck nicht verändert wird. Verschiebt sich nur ein Zeichen in die nächste Zeile oder gar auf die nächste Seite, ist das Chaos perfekt, der Kontext verloren.

Neu aufgemischt

Wer sehr schlecht oder gar nicht sehen kann, trifft in vielen Dokumenten ebenfalls auf eine Art Chaos, wenn auch ein nicht beabsichtigtes und von den meisten Dokumenterstellern auch nicht vorhersehbares. Dass farbliche Hervorhebungen und Hinweise von dieser Personengruppe unzureichend oder gar nicht erkannt werden, leuchtet ein und ist auch nicht zu vermeiden. Dass aber beispielsweise eine dreispaltige Tabelle als drei untereinander angeordnete Textblöcke erscheint, entzieht einer Auflistung mit Namen, Telefonnummer und E-Mail-Adresse jeglichen Zusammenhang und wird somit unbrauchbar, auch wenn alles lesbar ist.

Gleiches gilt für einen unbeabsichtigten Mix aus Texten und Überschriften. Oft genug werden alle Überschriften hintereinander dargestellt, gefolgt von den Texten. Welcher Textteil nun zu welcher Überschrift gehört, muss sich er Nutzer selbst zusammenreimen - ein unerfreuliches und fast immer zum Scheitern verurteiltes Puzzle.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich die netten Icons in Bedienungsanleitungen, die genauso aussehen wie die Beschriftungen auf den Tasten des dazugehörigen Geräts. Eine klare Sache für jeden, der diese Icons wahrnehmen kann, ein k.o.-Kriterium für jene, die nicht dazu in der Lage sind. Bisher ist mir noch nie eine Anleitung begegnet, deren Icons mit einem sinnvollen Alternativtext versehen gewesen wären.

Aber es geht nicht um eine vollständige Aufzählung der Widrigkeiten, die ein PDF enthalten kann, sondern um den Versuch, auf die größten Stolpersteine aufmerksam zu machen. vielleicht hilft dies ja in dem einen oder anderen Fall die schlimmsten Fallen zu vermeiden.

Darum muss ich unbedingt noch den Worst Case erwähnen: Ein als reine Grafik abgespeichertes Dokument, das aufgrund der Konvertierung die Endung PDF erhält. Fast ebenso schlimm sind "Mischformen", also Text vermengt mit rein grafischen Elementen, die zwar wie Text aussehen, aber doch keiner sind. Handelt es sich dabei um Illustrationen zum besseren Verständnis, ist das tolerierbar, handelt es sich aber um Informationen, die zum Verständnis des Inhaltsnötig sind, ist das nicht hinnehmbar.

Abwägung von Aufwand und Nutzen

Die Forderung PDFs möglichst barrierefrei zu gestalten, ist zwar durchaus legitim, denn schließlich muss man ja mit den erzeugten Dokumenten arbeiten können. Es ist aber ebenso legitim die Frage nach Aufwand und Nutzen zu stellen. Wer in seinem Archiv abertausende PDFs seit Jahrzehnten liegen hat, wird schwerlich in der Lage sein, diese zugänglich zu machen, kann aber sehr wohl ein dringend benötigtes Dokument on Demand aufbereiten (lassen).

Wer regelmäßig neue PDFs erzeugt, sollte zumindest bei textlastigen Dokumenten in der Lage sein, diese mit den zugegebenermaßen noch recht unzureichenden Werkzeugen so barrierefrei wie möglich zu gestalten. Freilich braucht es dazu neben dem Werkzeugkasten auch eines fundierten Know-hows und - nicht zu vergessen - des guten Willens. Im Zweifelsfall ist es sicher kein Fehler, das ursprünglich geschriebene Schriftstück im Original-Format aufzubewahren um eine weitere Bearbeitung zu ermöglichen. Speicherplatz kann heutzutage kein Thema mehr sein.

Die Katze im Sack

Jedes Mal, wenn ich auf die Endung .PDF treffe, beschleicht mich ein mulmiges Gefühl, und das wird wohl auch künftig so bleiben. Erst wenn ich die Katze aus dem Sack gekauft, also das Dokument geöffnet habe, werde ich wissen, ob es gut, mäßig oder gar nicht lesbar und vor allem vom Kontext her verständlich ist. Immerhin ist ja eine 3-spaltige Telefonliste mit 50 Zeilen auch dann lesbar, wenn zuerst alle Namen und dann alle Telefonnummern angezeigt werden. Dass eine solche "Ordnung" aber ihren Zweck verfehlt, leuchtet sicher ein.

Tipps und Links

Zur Übersicht "Alltag"

1 Kommentar

  1. wasdunichtsiehst schrieb am Montag, 04.11.13 08:29 Uhr:

    Der Versuch, pdf's zu lesen, endet bei mir oftmals mit Wutanfällen gefolgt von Resignation.
    Danke für den Beitrag!

Einen Kommentar zu diesem Artikel schreiben:

Ich behalte mir vor, Einträge wider die guten Sitten oder den guten Geschmack zu entfernen, möchte meine Leser jedoch ausdrücklich zu themenbezogenen Kommentaren oder Fragen ermutigen.