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Wer Freunde hat, darf sich glücklich schätzen.

Aufgefangen

11.06.2013

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In diesen Tagen zeigen Zeitungen und Fernsehen eine Flut erschreckender Bilder von Häusern, die bis zum Dach im Wasser stehen, und von freiwilligen Helfern, die rund um die Uhr versuchen, Wasser abzupumpen oder Schlammmassen zu beseitigen, bevor diese erstarren.

Einige Tage später auf der Terrasse bei strahlendem Sonnenschein und dem Rosenduft, der vom Garten herauf weht, mutet das alles beinahe wie ein Traum an, für viele eher wie ein Albtraum. Auch wir waren von den ungezügelten Wassermassen betroffen, wenn auch nur in Form einer Heimreise auf Umwegen.

Workshop und entspannte Tage

am Donnerstagmorgen fuhren wir mit dem Railjet nach Bregenz. Die Wetterprognose sagte heftigen Regen voraus, aber wenn man Zeit mit Freunden verbringt, spielt das Wetter kaum eine Rolle. Zwar hatten wir für Samstag einen Ausflug mit dem Schiff, vielleicht nach Lindau, geplant, waren aber nicht enttäuscht, als der Dauerregen unseretwegen keine Pause einlegen wollte. Ein gemeinsames Mittagessen zu sechst in einem guten Restaurant, Kaffee und Kuchen zu Hause und ein privates Konzert mit Querflöte und Klavier, gefolgt von ein paar erlesenen Happen ließen uns das Wetter völlig vergessen - Zumindest bis zum Heimweg, den wir anders als geplant im Auto antraten.

Präsentierte sich die Bregenzer Ache am Donnerstag bei unserer Anreise noch als Bach, wirkte sie am Sonntagmorgen eher wie ein reißender Fluss.

Endstation Kufstein?

Wie sehr die Fluten in den letzten Tagen gewütet hatten, wurde uns erst richtig bewusst, als in Kufstein unerwartete Endstation für unsere Rückreise war. Zuerst sah es so aus, als könnte trotz vermurter Bahnstrecke (sowohl über das Deutsche Eck als auch via Bischofshofen) ein Schienenersatzverkehr organisiert werden, aber bald war klar: Auch Autobahnen und Straßen waren hoffnungslos überflutet. Das Vernünftigste schien in Kufstein zu nächtigen. Uns war klar: Wir müssen uns sofort um ein Dach über dem Kopf kümmern, bevor alle Zimmer ausgebucht sind. In Anbetracht der Menschenmassen am Kufsteiner Bahnhofsvorplatz war rasches Handeln jedenfalls angebracht.

Wahre Freunde

Um möglichst rasch dieses Dach über dem Kopf zu bekommen und nicht selbst im Bahnhofslärm und all der Hektik suchen zu müssen, rief ich kurz entschlossen dort an, wo ich mich immer melde, wenn etwas schnell gehen muss: Bei Freunden am Chiemsee. Fazit des Telefonats war nicht eine Liste von Telefonnummern für Kufsteiner Hotels, sondern das Angebot uns mit dem Auto abzuholen und nach Bernau zu bringen. Angesichts der Witterungsbedingungen und deren Folgen hatte ich kein gutes Gefühl dabei, war es doch nicht sicher, dass der Weg von Bernau nach Kufstein und zurück, über welche Umwege auch immer, befahrbar sein würde. Aus Hilflosigkeit und mangels vernünftiger Alternativen, aber auch in der Vorfreude auf ein Wiedersehen setzte ich mich nicht so heftig zur Wehr, wie ich es aus Rücksicht hätte tun sollen.

Und während das Wasser sich ringsum gewaltsam Zutritt zu Häusern und Wohnungen verschaffte und unzählige Menschen Hab und Gut und das Dach über dem Kopf raubte, bekamen wir mit Müh und Not trotz überfüllter Quartiere noch zwei Einzelzimmer im Jägerhof und verbrachten viele gemütliche und unterhaltsame Stunden mit Freunden, die flexibel genug waren, nicht nur eine unbequeme Autofahrt bei kritischen Verhältnissen auf sich zu nehmen, sondern auch noch zweieinhalb Tage mit uns gemeinsam zu verbringen - für uns zwei unerwartete Urlaubstage, für sie eine unvorhergesehene Unterbrechung. So flexibel zu sein, ist alles andere als selbstverständlich.

Heimkehr auf Umwegen

Da sich auch am Montag keine nennenswerte Entspannung im Bahnverkehr abzeichnete, beschlossen wir auf möglichst sicherem Weg heimzukehren: über München und mit dem Flugzeug. Auch dafür war die Bereitschaft unserer Freunde erforderlich, denn die Bahnverbindung nach München war nach wie vor unterbrochen - nach Salzburg sowieso.

Am Dienstag fuhren wir also gegen Mittag nach München - wieder mit dem Auto und sicher begleitet bis zur Sicherheitskontrolle. (Dass hier das "Auffangprogramm" endete und Chaos begann ist eine andere Geschichte, die ich vielleicht bei anderer Gelegenheit aufschreiben werde.)

Eine mehr als positive Bilanz

Pfingstrosen

Bildbeschreibung: Ein Beet voller aufgeblühter rosa Pfingstrosen.

Gut, unser als verlängerter Wochenendausflug nach Bregenz geplanter Kurzurlaub war rein finanziell gesehen etwas überteuert. Zwei unvorhergesehene Nächtigungen und ein Einwegflug für zwei Personen sind nun einmal nicht für Kleingeld zu haben. Die Überbrückung dieser Zeit ohne den erwiesenen Freundschaftsdienst wäre jedenfalls ganz anders und weit weniger angenehm verlaufen. Daran muss ich denken, während mir der verführerische Duft der Pfingstrosen um die Nase weht.

Die wirklich wichtigen Dinge im Leben sind eben nicht für Geld zu haben. Sie werden einem als Geschenk zuteil - oft sogar unverdient.

Vielen Dank für die schöne Zeit!

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