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Gebloggt
Die menschliche Stimme ist ein faszinierendes Instrument.
Chorgesang
12.12.2010
Gedämpftes Gemurmel erfüllt die Kirche. Es ist das 1. Live-Adventkonzert in diesem Jahr, das wir besuchen. Dafür aber ein besonderes. Denn sowohl Hannes als auch ich waren früher aktive Sänger im Josef Labor Chor, der gemeinsam mit der Musikschule Fünfhaus diesen Nachmittag gestaltet. Heute frage ich mich, wie ich damals die Zeit gefunden habe, die oft schwierigen Werke einzustudieren.
Der Josef Labor Chor besteht zu etwa einem Drittel aus blinden, zu zwei Drittel aus sehenden Sängerinnen und Sängern; das Repertoire umfasst sowohl sakrale als auch profane Musik, beinhaltet das Kunstlied ebenso wie Folklore, und der zeitliche Bogen spannt sich vom späten Mittelalter bis in die Neuzeit.
nur wenige der Chormitglieder können vom Blatt singen. Darum werden die Einzelstimmen der Werke auf Tonträger aufgenommen und zu Hause im Wohnzimmer zur Freude der restlichen Familie fleißig einstudiert und In den gemeinsamen Proben der Zusammenklang nach den Wünschen des Dirigenten perfektioniert.
Dieser hat keine leichte Aufgabe, denn nur zwei Drittel der Sänger können seine Anweisungen sehen - und sehen können bedeutet erfahrungsgemäß nicht unbedingt auch hinschauen.
Die mangelnde Sicht der blinden Mitwirkenden auf den Dirigenten lässt sich zum Teil kompensieren: Chorisches Atmen, unauffällige Klopfzeichen durch den Dirigenten oder leises Einzählen beim Einsatz, genaue Kenntnisse des Werkes und natürlich der Wünsche des Dirigenten sowie exaktes Hinhören auf den Gesamtklang sind für ein harmonisches Miteinander unverzichtbar. Ein Dirigent etwa, der experimentell ständig die Tempi ändert und ein Singnachbar, der nicht auf den Dirigenten sieht, "den Kopf in der Partitur und nicht die Partitur im Kopf" hat, wie einer unserer Chorleiter einmal spitz bemerkt hat, können auch den sichersten blinden Sänger in Verzweiflung stürzen.
Trotzdem habe ich unsere Auftritte geliebt, wenn auch immer mit deutlich erhöhtem Adrenalinspiegel. Aber vor Pannen und Schnitzern fürchtet sich wohl jeder Musiker, wenn er seine Aufgabe ernst nimmt und mit Freude und Engagement musiziert.
Heute jedoch darf ich mich entspannt zurück lehnen und den Darbietungen lauschen und bedaure nur ein ganz klein wenig, nicht vorne zu stehen. Das Programm ist wie immer vielseitig, reicht von Bach über Klassik und Romantik bis hin zu Werken moderner Komponisten und beinhaltet auch so manches völlig unbekannte Lied aus weit entfernten Ländern. Der Chorklang hat sich in den letzten Jahren verjüngt, wie ich erfreut feststelle, das Repertoire ist noch etwas schwieriger geworden. Ja, der Josef Labor Chor hat sich weiter entwickelt.
Die Nachwuchsschüler der Musikschule - zwischen 9 und 15 jahre alt - haben ebenfalls ein sehr vielseitiges Programm vorbereitet: Ein Flötentrio, ein Cello-Duo und zwei Trompeter runden das Konzert ab.
Nachtrag
Die hallende Akustik einer Kirche ist für Aufnahmen mit diskret versteckten Laiengeräten äußerst ungeeignet. Darum gibt es auch keine Hörprobe. Sie könnte nur einen unzureichenden Eindruck vermitteln.
4 Kommentare
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Ich behalte mir vor, Einträge wider die guten Sitten oder den guten Geschmack zu entfernen, möchte meine Leser jedoch ausdrücklich zu themenbezogenen Kommentaren oder Fragen ermutigen.
F schrieb am Sonntag, 12.12.10 20:37 Uhr:
Hallo Eva,
wie gut, dass das Kommentar-Formular erst ins Blickfeld kommt, wenn man den Artikel zu Ende gelesen hat. Einschließlich Nachtrag!
Ich hatte den digitalen Bleistift schon gespitzt, und wollte "da fehlt etwas ... " schreiben. ;-)
Eva schrieb am Dienstag, 14.12.10 19:07 Uhr:
Hallo F,
Ja, ich habe den Nachtrag extra für dich geschrieben, damit du weißt, warum das Audio fehlt.
Und weil es mir keine Ruhe gelassen hat, habe ich mich gestern Abend nochmals hingesetzt und mit meinem Soundforge versucht ein wenig nachzuarbeiten. Aber - ehrlich gesagt - will ich das dem Chor nicht unbedingt antun. Das Audio wird der Leistung in keiner Weise gerecht.
Claudia schrieb am Freitag, 11.02.11 10:35 Uhr:
Cara Päpstin,
schön zu lesen, wie Du unser Konzert erlebt hast - aus der Perspektive von jemand, der lange Zeit mit dabei war (und mich eh zum Chor gebracht hat :-))
Das nächste Mal geh nicht so schnell weg nach dem Konzert!!
Baci, C
Eva schrieb am Freitag, 11.02.11 11:25 Uhr:
Ciao Piccolina!
Das ist ja ein ganz unerwarteter und erfreulicher Besuch auf meinen Seiten.
Ja, eigentlich wollten wir bleiben, aber Bertram hat mir gesagt, dass der Chor nachher noch in irgend einem Nebenraum eingeladen ist. Darum sind wir gleich gegangen und haben die Klänge mit nach Hause genommen.
Beim nächsten Konzert sind wir wieder mit dabei und dann bleiben wir - versprochen!