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Bastelstunden haben etwas Anheimelndes.

"Sternstunden"

14.12.2010

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Meine Mutter arbeitete in einer Aluminiumfabrik. Jedes Jahr zu Weihnachten bekamen alle Mitarbeiter ein kleines Paket von der Geschäftsleitung. Darin befanden sich weißes mit Fransen versehenes Einwickelpapier, hauchdünne bunt bedruckte quadratische Folien in der Größe von ca. 8 mal 8 cm sowie mehrere Rollen runder Alufolien in unterschiedlichen Farben und Größen.

Die bunten Folien waren dazu bestimmt, die mit dem Fransenpapier eingewickelten Süßigkeiten so zu umhüllen, dass nur noch die Fransen heraussahen.

Die Folien waren für Sterne bestimmt. Schon Wochen vor Weihnachten saßen wir um den Küchentisch, vor uns die verschiedenfarbigen Stapel. Sie wurden mit 8 oder noch mehr etwa 2 cm langen Einschnitten versehen und die so entstehenden "Lappen" über einen Bleistift gedreht. So entstanden die Spitzen der Sterne.

Etliche der von meinem Vater und mir angefertigten unterschiedlich großen Sterne klebte meine Mutter zu stacheligen Kugeln zusammen. (Ich hege den starken Verdacht, sie tat dies, weil unsere Sterne oft recht unregelmäßig und darum wenig ansehnlich waren.) Ihre eigenen waren immer bewundernswert regelmäßig und fanden daher auch ganz vorne am Weihnachtsbaum Platz.

Später während meiner Schulzeit bastelten wir im Internat während der Adventzeit Strohsterne. Die Halme legten über Nacht ins Wasser legten, damit sie weich wurden. Meine Aufgabe bestand meist darin, sie glatt zu bügeln und die Enden entweder spitz zuzuschneiden oder - bei den größeren Halmen - ein Dreieck oder Zacken einzuschneiden. Die lästige Arbeit mit Zwirn oder Klebstoff die Halme in Sternform zu bringen, überließ ich lieber anderen.

Ich habe weder besonderes künstlerisches Talent noch bin ich eine begnadete Handwerkerin, hatte aber immer Freude an solchen Basteleien. Allerdings benötigte ich auch immer ein wenig Hilfe. Zum Beispiel dann, wenn es darum ging, die richtigen Farben zusammen zu suchen. Kein Wunder also, dass mit dem Eintritt ins Berufsleben abrupt Schluss mit der Weihnachtsbastelei war.

Doch als ich vor wenigen Jahren beim Adventmarkt der Schule, an der ich arbeite, Sterne aus Perlen in den unterschiedlichsten Formen entdeckte und wissen wollte, wie man so etwas macht, bot sich eine Erzieherin des Internats spontan an, eine kleine Gruppe im nächsten Advent beim Sternebasteln zu unterstützen.

Sie hielt Wort. Und so kam es, dass ich gemeinsam mit vier anderen Teilnehmerinnen - zwei davon ebenfalls blind, zwei stark sehbehindert - unter fachkundiger Anleitung und Hilfe Weihnachtsschmuck herstellen konnte.

Die Vorbereitungen begannen damit, die fast ausschließlich aus Bildern bestehenden Anleitungen für uns zu "übersetzen". Danach galt es, die verschiedenen Perlen aus den Packungen herauszusuchen und in kleine Schälchen zu sortieren und diese dann in der richtigen Reihenfolge vor die Teilnehmerinnen hinzustellen.

Erst jetzt konnte einigermaßen selbstständig gearbeitet werden. Zuerst musste der hauchdünne Silberdraht in die richtige Länge zugeschnitten werden. Als ich laut Anweisung die 1. kleine Perle aus dem 2. Behälter von links nahm, verstand ich, warum der Draht gar so dünn war, und ich begann langsam zu ahnen, worauf ich mich da eingelassen hatte. Es ist nicht ganz einfach, mit den Fingern in einem Kügelchen von der Größe eines Weintraubenkerns ein Loch zu finden, durch das man den Draht stecken kann. Trotzdem hatten wir blinden Teilnehmerinnen es noch leichter als die beiden sehbehinderten, weil wir uns auf das Fingerspitzengefühl und den Draht verließen, während die anderen verzweifelt versuchten, ihr Restsehvermögen zu nutzen.

Als es dann darum ging, das fertige Gebilde in die richtige Form zu bringen, hatten es die sehbehinderten Bastlerinnen wieder etwas leichter als wir.

Sechszackiger Stern

Bildbeschreibung: Das Bild zeigt einen silbrig glänzenden, sechszackigen Stern aus unterschiedlichen Perlen mit einer etwa kirschgroßen Kugel in der Mitte, die von einem Kranz kleinerer Kugeln umgeben ist. Die Zacken des Sterns sind aus einzelnen dünnen Röhrchen. Rund um den gesamten Stern verläuft eine Kette aus sehr kleinen Perlen, die bei jeder Sternspitze und zusätzlich zwischen jeder der 6 Spitzen gedreht ist, wodurch insgesamt 12 weitere kleine Zacken entstehen, ähnlich einer Umrandung eines gehäkelten Spitzendeckchens.

Auch wenn das Material dieser Sterne nur wenige Euro gekostet hat, sind diese Gebilde für mich schon aufgrund der damit verbrachten Zeit besonders kostbar. Sollte ich je einmal Zeit im Überfluss haben, würde ich sehr gerne versuchen, Sterne nach eigenen Vorstellungen herzustellen. Nicht weil ich glaube, bessere Ideen zu haben, sondern weil es organisatorisch praktischer für mich ist, nach Fantasie als nach Vorlagen zu arbeiten.

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