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Je älter ich werde, desto kostbarer werden die Erinnerungen.

Weihnachtserinnerungen

24.12.2010

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Nun ist er also da, der 24. Dezember. Die Lebensmittel sind eingekauft und ich lehne mich gemütlich zurück: Feierabend, Heiliger Abend und der Auftakt zum Urlaub. Das ist ein gutes Gefühl.

Und mit der einkehrenden Ruhe schälen sich langsam aus meiner Erinnerung etliche der vielen Weihnachtsfeste heraus. Nicht alle waren restlos glücklich; da waren auch Sorge und Angst, aber niemals Streit.

Als ich etwa 8 oder 9 Jahre alt war, lag mein Vater mit einer schweren Lungen- und Rippenfellentzündung fiebernd im Bett, während meine Mutter und ich auf Zehenspitzen durch die Wohnung schlichen. Einerseits, um ihn nicht zu stören, andererseits hofften wir vielleicht durch Stillhalten das drohende Gespenst der Sorge zu verscheuchen, er könnte es nicht schaffen. Es waren traurige Weihnachten und niemand hatte Freude an den Geschenken. Das schönste Geschenk bekamen wir erst hinterher, als uns der Arzt versicherte, mein Vater würde wieder gesund werden.

Die Erinnerung an meine Teenager-Jahre und die damit verbundene Rebellion gegen Traditionen, vor allem gegen den "Weihnachtszirkus", entlockten mir dagegen ein leises Lächeln. Damals habe ich mich ernsthaft gefragt: Wer braucht schon einen Weihnachtsbaum?

Auch als ich längst meine eigene Wohnung hatte, kam ich an Weihnachten nach Hause. Wenn wir gemeinsam vor dem Lichterbaum standen, stellte ich fest, dass die Kerzen jedes Jahr verschwommener wirkten, als stünde der Baum in dichtem Nebel.

Verbunden mit meinem schwindenden Sehvermögen war die Sorge, ein Zweig könnte zu brennen beginnen. Ständig lag ich meinen Eltern in den Ohren, doch auf die Kerzen zu achten, was sie aus meiner Sicht viel zu unaufmerksam taten.

Und dann hörte ich dieses feine Knistern, begann zu schnuppern, konnte aber nichts riechen. Meine Eltern unterhielten sich und mir war es peinlich, schon wieder auf die Kerzen aufmerksam zu machen. Also verhielt ich mich still, jedoch aufmerksam, bis sich in das Knistern ein rauchiger Duft mischte.

Meine Eltern waren sehr froh über meine Aufmerksamkeit. Es reichte völlig, ein bereit liegendes nasses Tuch um den Zweig zu wickeln, um das winzige Flämmchen im Keim zu ersticken.

Es waren sehr harmonische Feste, die wir vorerst zu dritt feierten, als Hannes und ich heirateten, schließlich zu viert. Vor allem mein Vater hatte viel mehr Freude am Schenken als am Beschenktwerden. Da er selbst wenig Geschick im Umgang mit dünnem Papier und Bändern hatte, musste meine Mutter die Geschenke für mich einpacken, für die anderen war ich zuständig. Mein Vater überwachte das Verpacken der Geschenke mit Argusaugen und bestand darauf, die beiden Pullis für meine Mutter extra zu verpacken. Je mehr Päckchen unter dem Baum lagen, desto größer war seine Freude. Der Wert des Inhalts spielte da wenig Rolle.

An Weihnachten 1985 erinnere ich mich besonders gern: Wir hatten knapp nach unserer Hochzeit begonnen, die Mansarde des Einfamilienhauses auszubauen. Die Wände standen schon, auch der Fußboden war verlegt und im Wohnzimmer standen schon die Sitzbank und der Tisch, darauf eine Vase mit Reisig, in der noch unmöblierten kleinen Küche der Weihnachtsbaum - inzwischen mit elektrischen Lichtern.

An die Vase auf dem Wohnzimmertisch hatte ich klammheimlich ein weißes an meine Eltern adressiertes Kuvert gelehnt, das meine Mutter ebenso heimlich öffnete, während mein Vater und ich mit Aufräumen beschäftigt waren. Hannes saß bei meiner Mutter und beobachtete sie. In dem Kuvert befand sich ein Gutschein für einen Silvesterflug für 4 Personen. Ich glaube, das war für meine Eltern das aufregendste Weihnachtsfest ihres Lebens und der Silvesterabend war ein voller Erfolg.

Viele Jahre feierten wir gemeinsam, unspektakulär, ohne Stress und Aufregung. Meine Mutter war für die Weihnachtskekse zuständig, wobei die Sorten Jahr für Jahr weniger wurden, so wie ihre Kräfte eben abnahmen. Auch der Baum wurde kleiner und die Aufgabenverteilung änderte sich nach und nach. Waren es meine Eltern während meiner Kinderzeit, die alle Vorbereitungen erledigten, so waren es jetzt Hannes und ich, die sich um alles kümmerten.

Als dann mein Vater starb und meine Mutter bettlägerig wurde, feierten wir nur noch zu dritt und von Jahr zu Jahr wurde der Baum kleiner. Und als jene Weihnachten heraufzogen, an denen ich auch meine Mutter nur noch am Grab besuchen konnte, beschlossen wir, künftig auf den Baum ganz zu verzichten. Wir brauchen ihn nicht mehr.

Wo auch immer Hannes und ich Weihnachten verbringen, meine Eltern sind auch weiterhin anwesend in all; den Erinnerungen leben sie weiter, und oft genug tauschen wir diese Erinnerungen aus. Wir blättern in ihnen wie in einem Buch, dem jedes Jahr ein neues Blatt hinzugefügt wird - so wie heute.

Rückblickend erfüllt mich tiefe Dankbarkeit für die vielen harmonischen Weihnachtsfeste, die ich bisher verbringen durfte und hoffentlich noch darf.

Damit schließe ich mein Advent-Tagebuch und freue mich auf ein paar ruhige Tage.

Frohe Weihnachten allerseits, Gesundheit und eine schöne Zeit.

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1 Kommentar

  1. Fritz schrieb am Freitag, 24.12.10 16:16 Uhr:

    Hallo Eva,

    auch auf diesem Weg meine besten Wünsche an dich und Hannes für ein frohes und erholsames Weihnachtsfest.
    Die gleichen Wünsche gehen auch an alle Leser dieses Blogs, ob ich sie nun kenne oder auch nicht.

    Fröhliche Weihnacht
    Fritz

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