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Einen Text zu hören oder zu lesen ist nicht dasselbe.

"Wortgezwirbel"

07.09.2019

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Vor mehr als fünfzehn Jahren wurde eine Reihe von Artikeln zu der Erkenntnis verfasst, dass Texte auch dann noch verständlich sind, wenn die Buchstaben innerhalb der Wörter vertauscht sind, solange der erste und letzte Buchstabe an der richtigen Position stehen. Ob diese Erkenntnis nun auf eine Studie an einer englischen Universität oder auf einen Amerikaner zurück geht, der testen wollte, wie rasch sich Nachrichten im Web verbreiten, mag im Dunkeln bleiben.

Ich greife das Thema nach so langer Zeit unter einem anderen Aspekt wieder auf, der ebenfalls nicht neu ist, nämlich im Zusammenhang mit synthetischen Sprachausgaben.

Um zu verdeutlichen, wovon hier eigentlich die Rede ist, zwei Beispiele:

Zuerst das bekannte Beispiel aus dem Jahr 2003:
Anugrfud eenir Sdtuie an eenir Elingshcen Unrivestiät ist es eagl, in wlehcer Rienhnelfoge die Bcuhtsbaen in eenim Wrot shteen, das enizg wcihitge dbeai ist, dsas der estre und lzete Bcuhtsbae am rcihgiten Ptalz snid. Der Rset knan ttolaer Bölsdinn sien, und du knasnt es torztedm onhe Porbelme lseen. Das ghet dseahlb, wiel wir nchit Bcuhtsbae für Bcuhtsbae enizlen lseen, snodren Wröetr als Gnaezs. Smtimt's?

Im Klartext:
Aufgrund einer Studie an einer Englischen Universität ist es egal, in welcher Reihenfolge die Buchstaben in einem Wort stehen, das einzig wichtige dabei ist, dass der erste und letzte Buchstabe am richtigen Platz sind. Der Rest kann totaler Blödsinn sein, und du kannst es trotzdem ohne Probleme lesen. Das geht deshalb, weil wir nicht Buchstabe für Buchstabe einzeln lesen, sondern Wörter als Ganzes. Stimmt's?

Oder um einen eigenen Text zu verwenden, hier meine persönliche Beobachtung:
Wnäerhd ich beim herön enies mteitls Suaahpsbrcage wrieeneeggeebdn Tetexs acuh bei lmaagnesr Skswhpgdcneigreeiciht nhezau kiin Wrot vtehesre, knan ich den Txet in Biehfirlcasrlt mit mneein Fgnerin ahnrnenäd fslsüig lseen.

Die Auflösung:
Während ich beim Hören eines mittels Sprachausgabe wiedergegebenen Textes auch bei langsamer Sprechgeschwindigkeit nahezu kein Wort verstehe, kann ich den Text in Brailleschrift mit meinen Fingern annähernd flüssig lesen.

Eine gewisse Einschränkung gibt es naturgemäß beim Erfassen eines Textes mit den Fingern schon: Das Auge kann ein Wort mit 15 Buchstaben als Ganzes erfassen, die Finger nur schwer bis gar nicht. Bei sehr langen Wortgebilden dauert die Erkennung daher etwas länger, nämlich bis ich den letzten Buchstaben des Wortes gelesen habe.

Diese erstaunliche Fähigkeit des Gehirns, Buchstaben an die richtige Stelle zu rücken, um dem Gelesenen einen Sinn zu geben, ist beim Erfassen von Texten äußerst nützlich. Beim Korrekturlesen kann dieser Automatismus auch hinderlich sein. Da ich beruflich viel mit Texten zu tun hatte, bin ich dazu übergegangen, Texte grundsätzlich zweimal Korrektur zu lesen: einmal mit der Sprachausgabe, um Buchstabendreher aufzuspüren und einmal mit den Fingern, um den Schwerpunkt auf Inhalt und Stil zu legen.

Dass mir dennoch immer wieder Tippfehler entgehen, liegt wohl an zu geringer Aufmerksamkeit.

Für Knobler

Schwieriger wird diese "Autokorrektur" für das Gehirn, wenn es sich um einzelne Worte ohne Zusammenhang handelt. In der folgenden Tabelle steht das gesuchte Wort links zum Vergleich mit komplett verdrehten Buchstaben, also ohne korrekter Anfangs- und Endposition, recht sind die Buchstaben so vertauscht, dass der erste und letzte Buchstabe an der richtigen Stelle steht.

komplet vertauscht 1.u.letzte Pos.korrekt
klurvlonp pklurvonl
hänacolme cäaholmen
günreeleb ügreelebn
tdseopknr dseorpknt
sdkoeilnr kdoeilnrs

Bei Texten mit komplexerem Inhalt funktioniert es auch nicht ganz so flüssig, wie das folgende Beispiel zeigt.

Daß der bei witeem götßre Tiel der Mncsheen (drutaner das gznae shncöe Gcsehclhet) den Scritht zur Menikügidt, außer dem daß er birhlcsweceh ist, acuh für sher giechräflh hatle: dfüar seogrn shocn jnee Vonerümdr, die die Ocfrashuibet üebr sie gsgütit auf scih gmmeeonn heban. Ndhceam sie ihr Hieavush zsuret dmum gcmaeht hbean und sifrtolägg vhtüeteren, daß dsiee rheiugn Göpsfcehe ja kneein Shrtcit aeßur dem Gelagegwänn, darin sie sie enrpeetisrn, weagn dtufern, so zgeein sie ihnen nechhar die Gaefhr, die inehn droht, wenn sie es vrecusehn alieln zu gheen. Nun ist deise Gefhar zawr eben so gorß nchit, denn sie wrüedn durch eagimniel Faelln whol edlcnih gheen lneern; aleiln ein Bpiesiel von der Art mhcat doch srcüechhtn und sccrekht giihmenen von aleln feerrnen Vserehcun ab.

Für jene, die zum Lösen der kleinen Wortliste nicht genug Geduld aufbringen, folgt die Auflösung mit den fünf gesuchten Wörtern. (Den Beispielsatz bekommen Knobler auch ohne Hilfe gelsöt. Nur so viel: Er stammt von Immanuel Kant.

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Übrigens: Spielkinder müssen Texte nicht selber schütteln, hier geht es automatisch.

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