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Unser "drittes Zuhause"

17.10.2017

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Hotelansicht

Bildbeschreibung: Das Aura-Hotel vom Park aus gesehen

Seit beinahe zehn Jahren fahren wir immer wieder ins Aura-Hotel Saulgrub. Das Kur- und Begegnungszentrum des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbundes (BBSB) lockt neben schöner Lage auf etwa 900 Metern Seehöhe mit einer Reihe von Angeboten, die speziell auf die Bedürfnisse blinder und sehbehinderter Menschen abgestimmt sind. Kurse zu EDV-Themen gehören ebenso dazu wie Sportwochen und Fachtagungen. Jeden Tag werden begleitete Wanderungen, Spaziergänge oder Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung angeboten. Für Individualprogramme kann in der Gästebetreuung gegen eine geringe Gebühr eine Begleitung gebucht werden.

Da dem Hotel ein Kurbetrieb angeschlossen ist, stehen in den beiden Fitnessräumen Geräte für gezieltes Muskeltraining ebenso zur Verfügung wie Ergometer oder Crosstrainer für das Ausdauertraining. Massagen und diverse Wellness-Behandlungen können zugebucht werden. Schwimmbad, Sauna und Infrarotkabine sowie ein Internetcafe mit blindengerechter PC-Ausstattung, eine umfangreiche Bibliothek mit Büchern in normaler und auch Brailleschrift und eine Kegelbahn runden das Angebot ab. Vorträge, Yoga, Singabende und so manches Konzert sorgen ebenso für unterhaltsame Abende wie das gesellige Beisammensein im Bierstüberl.

Dieses umfassende Angebot und das zuvorkommende Personal, das im Umgang mit blinden Menschen Erfahrung hat, sorgen schon für echte Wohlfühl-Atmosphäre. Darüber hinaus wurde auch bei der Raumausstattung auf die Bedürfnisse der Zielgruppe Rücksicht genommen. Im Foyer führen Teppichläufer zur Rezeption und den Sitzgruppen, ein tastbares Relief gibt Auskunft über die Berglandschaft rings um Saulgrub, die Zimmer und Zimmerschlüssel tragen tastbare Beschriftungen sowohl in erhabener Blockschrift als auch in Brailleschrift und die TV-Geräte in den Zimmern ermöglichen durch eine Sprachführung eine einfache Bedienung. Bei den Anwendungen oder im Wellnessbereich informiert keine Leuchtschrift, wer gerade an der Reihe ist, sondern man wird namentlich aufgerufen und — falls nötig — in die Behandlungsräume begleitet.

Natürlich gibt es auch im Restaurant am Buffet Personal, das bei der Auswahl der Speisen behilflich ist und die Gäste bei Bedarf auch zum Tisch begleitet, wobei es, anders als üblich, keine freie Platzwahl gibt, sondern "Stammtische" zugewiesen werden, um die selbstständige Orientierung zu erleichtern.

Die Kombination der Annehmlichkeiten eines Hotels mit Wellness, medizinischen Anwendungen, ausreichenden Freizeitangeboten und vielen kleinen Orientierungshilfen in Haus und dem 65 Hektar großen Park sind für uns die besten Voraussetzungen für einen entspannten und kurzweiligen Urlaub, sodass wir das Aura-Hotel zu unserer "dritten Heimat" erklärt haben, aus der wir vor kurzem nach einem 14-tägigen Aufenthalt zurück gekehrt sind.

Schlosspark, Klosterkirche und ein See

Unser erster Ausflug führte uns bei knapp 30 Grad zum Schloss Linderhof, wo wir uns mit unserer Begleitung von der Gruppe absonderten. Wir hatten diese großzügige Parkanlage schon einmal besucht und an einer Führung teilgenommen. Diesmal wollten wir noch unbekannte etwas entferntere Winkel aufsuchen. Nach einem Besuch des maurischen Tempels — Hannes wollte unbedingt versuchen, ein Foto der Innenausstattung zu machen — landeten wir schließlich bei der Hundinghütte, die König Ludwig, ein großer Wagner-Fan, 1876 erbauen ließ.

Auf dem Rückweg zum Bus mussten wir uns ziemlich beeilen. Wir hatten die Entfernungen doch etwas unterschätzt, und der Schrittzähler meines iPhone zeigte bei Rückkehr knappe acht Kilometer. Auf einer idyllischen Alm ließen wir den Nachmittag bei einer Erfrischung ausklingen.

Zwei Tage später ging es zur Wieskirche, einem beliebten Wallfahrtsort und UNESCO Weltkulturerbe. In der Sakristei befindet sich ein Holzmodell des Bauwerks, das den Besuchern aus dem Aura-Hotel gerne präsentiert wird. Sowohl Kirche als auch Modell hatten wir bei früheren Besuchen schon kennen gelernt und auch an einer Führung teilgenommen. Darum entschieden wir uns diesmal für eine Wanderung in der Umgebung, denn laut Wetterprognose sollte dies vorerst der letzte ungetrübt sonnige Tag sein. Auf den einsamen Wegen roch es wundervoll nach Heu, und außer einigen landwirtschaftlichen Maschinen begegnete uns keine Menschenseele. Dafür aber hörten wir einige uns unbekannte Vogelstimmen und lauschten dem Konzert der zahlreichen Zikaden.

Am selben Abend fuhren wir mit etwa 20 anderen Teilnehmern nach Bayersoien. Dort findet jeden Mittwoch bei Sonnenuntergang das Weisenblasen statt. Zwei Musiker der Blaskapelle Bad Bayersoien fahren mit einem Boot auf den See hinaus und lassen ihre Blasinstrumente erklingen. In der abendlichen Stille gibt das ein stimmungsvolles Ambiente, dem viele Zuhörer geradezu andächtig lauschen.

Kloster Rottenbuch

Bildbeschreibung: Turm der Klosterkirche Rottenburg und Nebengebäude

Ein weiterer Ausflug führte uns in die Klosterkirche des Augustinerstifts Rottenbuch. Auch hier konnten wir uns anhand eines sehr detailliert gestalteten Holzmodells ein gutes Bild von diesem Bauwerk machen.

Das Kloster ist längst geschlossen, die Kirche wird aber noch genutzt. Baubeginn war in romanischer Zeit. Nach und nach wurde gotisiert, wovon die hohen Fenster zeugen und in späterer Zeit erfolgte eine recht üppige Ausstattung mit Elementen des Barock und Rokoko.

Wir konnten das reich verzierte Taufbecken und das schmiedeeiserne Gitter mit den vielen Ranken befühlen und lauschten dann in den Bänken aufmerksam dem Vortrag des Fremdenführers, der nicht nur die Ausstattung der Klosterkirche anschaulich beschrieb, sondern auch so manche Episode aus dem Leben des Kirchenfürsten Augustinus zum besten gab.

Bei einem der angebotenen Ausflüge haben wir uns getrennt. Während Hannes mit der Gruppe nach Füssen fuhr, um auf dem Forggensee eine zweistündige Schifffahrt zu machen — immer auf der Jagd nach stimmungsvollen Fotomotiven —, blieb ich zu Hause, aber nicht untätig. Mit meiner Begleiterin, die gut und gern als Fremdenführerin durchgehen könnte, wanderte ich sozusagen auf unbekannten Pfaden, wobei ich so viele Namen von Berggipfeln gehört habe, dass mir gut 90% davon wieder entfallen sind. Außerdem habe ich einige Schleichwege kennen gelernt, die wir künftig unseren eigenständigen Wanderrouten hinzufügen können.

Abenteuer am Kolbensattel

Sommerrodelbahn

Bildbeschreibung: Unterer Streckenabschnitt des Alpine Coasters am Kolbensattel

Im Radio hatte ich schon vor längerer Zeit gehört, dass am Kolbensattel eine neue Sommerrodelbahn eröffnet worden war. Meine Recherche im Internet hatte ergeben, dass die kleinen Wägelchen auch für zwei Personen geeignet sind. Daher buchte ich für dieses Abenteuer eine private Begleitung. Während Hannes den sonnigen Tag auf einer Bank genoss und mal wieder auf Fotosafari ging, fuhren meine Begleitung und ich mit dem Lift auf den Kolbensattel und bestiegen den Alpine Coaster. Nach einer kurzen Einweisung durch den jungen Mann am Start: "Hebel nach vorne gibt Gas, nach hinten wird gebremsst — aber bremsen ist eigentlich nicht nötig, denn schnell fahren ist schön" ging die Fahrt los. Auf einer Länge von 2,6 Kilometern und in 73 teilweise recht scharfen Kurven ging es rasant bergab. Die Fahrt war derjenigen mit einer Achterbahn nicht unähnlich und machte uns riesig Spaß. Wir zwei älteren Damen haben zugegebenermaßen wenig damenhaft, sondern eher wie Teenies gekreischt und gejubelt.

Drei Tage Regenwetter

Gegen Ende der ersten Urlaubswoche traf dann das vorhergesagte Schlechtwetter ein: 3 bis 5 Grad am Morgen, Dauerregen und dichte Wolken machten wenig Lust auf Außenaktivitäten. Schwimmbad und Fitnessraum, Mails checken und geselliges Beisammensein waren angesagt. Wie schon während früherer Aufenthalte statteten wir auch der Bibliothek einen längeren Besuch ab und beschäftigten uns mit dem tastbaren Deutschlandatlas, um unsere geografischen Kenntnisse aufzufrischen und einige "Streitfragen" einer Klärung zuzuführen. Hannes verbrachte hinterher noch einige Zeit vor dem Lesegerät, um den optischen Umgebungsplan so weit zu vergrößern, dass er sich darauf orientieren konnte, um für den nächsten regenfreien Tag mit Ideen gerüstet zu sein. währenddessen stöberte ich im Internet nach Informationen zu unseren bisherigen Ausflugszielen.

Während dieser ersten Urlaubswoche fand auch ein Workshop des Chors Allegretto statt. Dieser Laienchor trifft sich einmal jährlich für eine ganze Woche, um vierstimmige Chorsätze aus den unterschiedlichsten Genres einzustudieren. Weil ich selbst lange Zeit Chorsängerin war, bat ich an einer Probe teilnehmen zu dürfen und überlege mir ernsthaft, im nächsten Jahr auch mitzumachen.

Am Freitagabend zeigte dann der Chor, was er während der fünf vorangegangenen Tage einstudiert hatte. Es war ein gelungener Abend, an dem nicht nur die Chorstücke, sondern auch eine ganze Reihe beachtenswerter Solobeiträge zum besten gegeben wurden. Dieser musikalische Abend bot sowohl Genuss als auch viel Unterhaltung.

Streifzüge

Wenn es das Wetter zuließ und wir nicht gerade an einem organisierten Ausflug teilnahmen, unternahmen wir auch alleine eine ganze Reihe von kürzeren und längeren Wanderungen in der näheren Umgebung;. Wegen des Wettereinbruchs um die Halbzeit unseres Aufenthalts mussten wir auf unsere Stammroute nach Altenau diesmal verzichten. Der heftige Dauerregen hatte den Bach aufgestaut und somit eine Unterquerung der Bundesstraße unmöglich gemacht. Zum Glück finden wir immer wieder reizvolle Alternativen und erforschen auch schon mal neue Wege. Bisher haben wir noch immer zurückgefunden, auch wenn ich zugeben muss, dass so manche Route deutlich länger als geplant ausfiel. Inzwischen kennen wir die Umgebung recht gut, sodass Hannes mit seinem geringen Sehrest keine größeren Orientierungsprobleme hat.

Wer, anders als wir, nicht alleine unterwegs sein kann oder will, hat aber jeden Tag — außer bei Dauerregen — die Möglichkeit eines begleiteten Spaziergangs oder einer Wanderung; dreimal wöchentlich wird ein Ausflug mit Bus von der Gästebetreuung organisiert. Da das 65 Hektar große Gelände an einem Hang liegt, bleibt selbst im Park für jeden genügend Bewegungsfreiheit. Für die kleinen Gäste gibt es dort einen Spielplatz und zahlreiche Bänke laden bei Schönwetter zum Verweilen ein. Wegabzweigungen sind durch Bodenmarkierungen gekennzeichnet und bieten somit eine gute Voraussetzung für eine eigenständige Orientierung auf dem Gelände.

Es war auch diesmal wieder ein rundum gelungener Urlaub mit viel frischer Luft und Bewegung, unterhaltsamen Gesprächen und kurzweiligem Programm, sodass wir uns schon auf den nächsten Aufenthalt im Aura-Hotel Saulgrub freuen.

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2 Kommentare

  1. Gerd neitzke schrieb am Donnerstag, 01.03.18 21:36 Uhr:

    Hallo, Eva,
    ich habe deinen Bericht recht aufmerksam gelesen. Es tut gut, nicht nur über die Mahlzeiten und über das Bedienungspersonal zu lesen, in Saulgrup ist also doch
    mehr los.
    Deine Ausführungen sind interessant geschildert
    und machen uns neugierig.
    Euch alles Gute und weiterhin schöne Stunden
    Gerd und Marianne aus Thüringen

  2. Eva schrieb am Freitag, 02.03.18 07:29 Uhr:

    Hallo Gerd,
    Naja, es ist nicht so, dass ich nicht auch gut essen möchte, :-) und das kann man zweifellos. Was uns aber immer wieder hinzieht, ist die Freiheit, was die Gestaltung des Urlaubs angeht. Wenn uns der Sinn nach einem individuellen Ausflug steht, dann buchen wir eben eine Begleitung. Wenn wir uns keine Gedanken über das Ziel machen, sondern nur raus wollen, dann nutzen wir die Gruppenausflüge.
    Ich wünsche euch einen schönen Urlaub in Saulgrub.

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