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Reise-Tagebuch Ägypten - 3. Tag: Kairo.

Kunstschätze, Giganten und Volksnähe

März 2006

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Stadtbild mit Hotel

Am folgenden Vormittag heißt es Abschied nehmen von unserem bequemen Domizil, denn die folgende Nacht werden wir im Zug verbringen.

Der Stolz der Nation

Vorerst steht aber der Besuch des ägyptischen Nationalmuseums am Programm. Durch die bahnhofsartige Akustik, die das Zuhören erschwert, das enorme Gedränge und die nicht im Zusammenhang präsentierten Kunstwerke büßen diese viel von ihrer Grandiosität ein, wenn man nicht sehen kann.

Mohammed versorgt uns aber zum Glück nicht nur mit Fakten, sondern versteht es meisterhaft, längst vergangene Zeiten in packenden Erzählungen wieder erstehen zu lassen. Eine davon möchte ich Ihnen nicht vorenthalten, geht es doch um eine so wichtige Sache wie die Entdeckung von Tutench-Amuns Grab.

Fluch oder logische Folge?

Dieser Nachfolger Echnatons bestieg im Alter von neun Jahren den Thron und starb bereits mit 19 Jahren. Der Entdecker seines Grabes, der Engländer Carter, war eigentlich kein Archäologe, sondern Fotograf und war in dieser Funktion für die Archäologen tätig. Aus den Darstellungen in Karnak wusste er vom Pharao Tutench-Amun und dass dessen Grab noch nicht gefunden worden war.

Er kehrte nach England zurück, konnte einen englischen Lord für seine Idee begeistern und dieser finanzierte die Ausgrabungen. Die Suche dauerte sechs Jahre, aber 1922 hatte er Glück. Er wartete mit der Eröffnung des Grabes, bis der gesundheitlich angeschlagene Lord angereist war. Dieser las die Warnung an der Pforte, die Eindringlingen Unheil verheißt.

Natürlich wurde das Grab dennoch geöffnet, und zwar ohne Schutzmasken. Im Laufe der Jahrtausende hatten sich im Innern jedoch giftige Pilze gebildet, die der ohnehin labilen Gesundheit des Lords sicher nicht zuträglich waren. Noch am gleichen Abend wurden seine Kanarienvögel von einer Kobra gebissen und der Graf selbst erkrankte nach einem Mückenbiss an Malaria.

Kein Wunder, dass eine solche Anhäufung von Unglücksfällen als "Fluch" bezeichnet wird.

Bei den Pyramiden

Die drei Pyramiden

Was wäre Ägypten ohne die Pyramiden. Für mich bestehen diese gigantischen Bauwerke vorwiegend aus Daten, denn sie sind einfach zu groß, um Form, Ausmaß und Bauweise anders als optisch wahrzunehmen.

Sphinx zwischen zwei Pyramiden

Zum Glück haben wir aber ausreichend Zeit und so machen wir uns auf den Weg, schreiten die Länge einer Kante ab und wandern von der Cheops- zur Shephren-Pyramide, vorbei an der Sphinx. Im Schatten des gigantischen Bauwerks ist es erstaunlich kühl.

Aber das heutige Ägypten fordert ebenfalls meine Aufmerksamkeit, das sich in Gestalt unzähliger Händler präsentiert. Hier wird alles feilgeboten, von kleinen Pyramiden aus undefinierbarem Material über Tücher und andere Kopfbedeckungen bis hin zur Galapeija, dem traditionellen ägyptischen Gewand.

Touristen und Händler

Und bevor ich weiß, wie mir geschieht, wickelt mir eine kleine Frau ein Tuch um den Kopf, steckt es mit geschickten Bewegungen fest und drückt mir einen Kuss auf die Wange und eine Pyramide aus Stein (?) in die Hand. Sie bekommt ihr Geld und für uns ist damit der Handel abgeschlossen. Aber da taucht ein Mann auf, verjagt die Frau mit für uns unverständlichen, aber unmissverständlich bösen Worten, als wollte er uns vor ihr retten, obwohl es eigentlich nichts zu retten gibt. Ihn werden wir kaum noch los, auch nicht mit unseren Münzen, denn er will keine Euros, und wenn, dann nur Scheine, weil er Münzen nicht umtauschen kann - sagt er. Irgendwann reicht es uns und wir befolgen Mohammeds Rat für solche Gelegenheiten und werden ihn los, indem wir uns alle brüsk abwenden und unseren Weg rascher fortsetzen.

Der Kampf ums Überleben

Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass dies das einzige wirklich unangenehme Erlebnis mit den vielen Händlern gewesen ist, die versuchen, durch den Verkauf minderwertiger Waren statt offenen Bettelns ihr Gesicht zu wahren und so die Mägen ihrer Familienmitglieder voll zu bekommen. Sie machen einem ein "Geschenk" in der gutgläubigen Erwartung, auch eines zu bekommen, wie es unter höflichen Menschen üblich ist. Und dieses Anliegen wird umso verständlicher, wenn man bedenkt, dass eine der fünf Säulen des Islam darin besteht, von dem Ersparten Almosen jenen zu geben, die Bedarf haben. Und wir Touristen gehören nachweislich zu jenen, die im Überfluss leben.

Die Produkte des Landes

Ägypten lebt vom Tourismus, aber nicht nur von der geschichtsträchtigen Vergangenheit. Neben der Papyruserzeugung werden vor allem Gewürze, Gold, handwerkliche Arbeiten aus Stein sowie Essenzen als Basis für die Parfumgewinnung angeboten.

Zu unserem Programm gehört daher auch ein Besuch in einer Essenzenfabrik, wo wir an den unterschiedlichsten Düften nicht nur schnuppern, sondern diese sehr originellen und attraktiven Souvenirs auch kaufen können. Die ständigen und zu jeder Unzeit geäußerten Vermutungen mancher Mitreisender über mögliche Provisionen, die der Fremdenführer lukriern könnte, beginnen mich langsam zu nerven, und ich muss mir nachhaltig ins Gedächtnis rufen, dass ich ja meinen Gleichmut bewahren möchte.

Im Bazar

Von den erlesenen Produkten dieses Landes und deren Exklusivität geht es zurück in den realen Alltag des ägyptischen Volkes, denn wir halten uns eine Stunde lang im Chan-El-Chalili-Basar auf, wo nicht nur ein buntes und lautes Treiben herrscht, sondern auch ein unsanftes, ja beinahe rücksichtsloses Geschiebe. Wenn wir nicht höllisch aufpassen, werden wir gnadenlos von Transportkarren mit hüfthoch aufgetürmten Kartons abgedrängt oder gar angefahren. Wildfremde Menschen fassen uns am Rücken und am Kopf an, umringen uns und lassen ein leichtes Gefühl der Beklemmung aufkommen. Wir sind so engen Körperkontakt mit wildfremden Menschen nicht gewöhnt und es verunsichert uns. Dabei werde ich das unbestimmte Gefühl nicht los, dass gerade diese Unsicherheit und Distanziertheit eine Herausforderung für diese Menschen ist, die "verklemmten Außenseiter", als die wir hier erscheinen müssen, aus der Reserve zu locken - ein vermutlich harmloses Vergnügen für das heitere Volk, das uns keinen Schaden zufügt, aber nachdenklich stimmt.

Abschied von Kairo

Abendlicher Bahnsteig

Wir haben jedenfalls nach dieser Stunde mehr als genug und fahren erleichtert zum Bahnhof von Gizeh, aber es dauert eine ganze Weile bis zur Ankunft unseres fahrenden Hotels. Auch wird es jetzt, wo die Sonne untergegangen ist, langsam ziemlich kühl. Erfreulicherweise ist der Zug pünktlich und damit unsere Nachtruhe gesichert; und morgen Früh werden wir in Oberägypten sein. Unser Weg führt uns etliche Kilometer weiter in das Land, von Dynastie zu Dynastie und von Tempel zu Tempel.

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Bildbeschreibungen: Dorothea WINTERLING

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