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Reise-Tagebuch Ägypten - 6. Tag: Edfu und Kom Ombo.

Auf Horus' Spuren

März 2006

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Etwa 100 Kilometer südlich von Luxor erreichen wir Edfu, übersetzt: Die "geschützte Stadt", und damit die am besten erhaltene Tempelanlage in Ägypten.

Ed Fu

Tempeleingang Edfu

Erbaut wurde der Horus geweihte Tempel von Ptolemäus II. Wie einer Inschrift zu entnehmen ist, stammt die Grundsteinlegung aus dem Jahr 237 vor Christus; abgeschlossen wurde der Bau 57 vor Christus.

Schon der Eingangspylon ist bemerkenswert, ist er doch der zweitgrößte nach dem ersten Pylon des Karnak-Tempels.

Mohammed tut wieder sein Bestes, um uns in einer gekonnten Mischung aus Fakten und Legenden einen Einblick in diese uralte Kultur zu erleichtern.

Der falkenköpfige Horus ist der Gott des Himmels, des Lichts und des Throns und der letzte Gottkönig. Jeder regierende Pharao wurde als sein Stellvertreter betrachtet.

Horus ist der Sohn von Osiris, des Totengotts, und Isis, der Göttin der Zauber, der Magie und der Schönheit. Osiris' Bruder Seth wollte aber Isis für sich gewinnen und selbst regieren. Er ermordete daher Osiris und zerteilte ihn in 14 Teile, die er vergrub. Die geflügelte Isis suchte nach Osiris und fand 13 der Teile, der Kopf blieb jedoch unauffindbar.

Als Horus geboren wurde, versteckte ihn Isis vor Seth im Schilf, (was mich sofort an Moses denken lässt). Die Göttin Hathor, Göttin der Liebe, stillte den Knaben und zog ihn auf, weshalb sie auch oft als Kuh dargestellt wird.

Tempelhalle in Edfu

Im Weitergehen weist uns Mohammed auf die gebündelten Säulen in Form von Papyruspflanzen hin - ein Symbol für den Schutz, den diese Pflanzen Horus gewährten.

Auch Götter wachsen heran und müssen sich dem Kampf des Lebens stellen; im Fall von Horus in der Gestalt seines Onkels Seth. Gut erhaltene Darstellungen zeigen unter anderem Horus, der gegen Nilpferde, die symbolische Verkörperungen des "bösen" Gottes Seth, kämpft.

Später heiratete Horus seine Amme Hathor und sie hatten einen Sohn. Dieser Triade ist die Tempelanlage in Edfu geweiht.

Natürlich wurde den Göttern auch geopfert. Verderbliche Opfergaben wurden auf die Armen aufgeteilt. Die Priester hatten also die Macht über die Armen, wie Mohammed in einem Nebensatz anmerkt. Wertgegenstände hingegen blieben im Tempel. Jeder Tempel hatte daher seinen Schatz und seine Ländereien.

Beim Durchschreiten der gut erhaltenen Räume wird Mohammed nicht müde, uns mit weiteren Details aus der Götterwelt des alten Ägypten zu versorgen: So war angeblich der Kopf von Osiris im Wasser des Nils aufgetaucht und wurde vom Wels gefressen. Noch heute erinnert eine Redensart an diese Sage: Wenn etwas aus dem Wasser auftaucht, dann nennt man das Edfu.

Wir passieren Darstellungen, die im unteren Teil gut erhalten sind, deren Gesichter jedoch fehlen. Vermutlich wurden sie während christlicher Zeit herausgemeißelt, wie Mohammed erläutert.

Sonnenbarke des Horus

Das Allerheiligste ist aus der pharaonischen Zeit. Nur der König selbst durfte es betreten, um mit Horus zu sprechen. Die hier heute dem Publikum präsentierte Sonnenbarke wurde jedoch anhand von Reliefs rekonstruiert.

Es bliebe zwar genügend Zeit für Entdeckungen auf eigene Faust, aber ich muss zugeben, dass uns alle die stickige Luft in den Räumen und das unaufhörliche Geschiebe und Gedränge so vieler Menschen frühzeitig ermüdet haben. Unser Abgang aus diesem wundervollen Tempel gleicht daher beinahe einer Flucht.

Entspannung an Deck

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Gegen Mittag kehren wir auf unser Schiff zurück und den Nachmittag genießen wir an Deck und lassen uns den leichten Fahrtwind um die Nase wehen. An den Ufern ziehen Grünland, Sumpf und schroffe Gebirge an uns vorbei und je näher wir Kom Ombo kommen, unserer nächsten Station, desto belebter wird das Wasser. Ein Verkehr ist hier wie auf einer Schiffsautobahn.

Kom Ombo

Tempel von Kom Ombo

Der Tempel von Kom Ombo, ungefähr 40 Kilometer nördlich von Assuan, liegt auf einer Erhebung direkt am Nilufer. Errichtet wurde die Anlage in der ptolemäischen Zeit Ägyptens.

Am Eingang des Tempels sind in einem kleinen Hathor-Heiligtum Krokodilmumien von einem nahegelegenen Tierfriedhof ausgestellt.

Tempel-Innenansicht

Das besondere an diesem Tempel ist die Anlage als Doppeltempel. Er ist in zwei symmetrische Hälften aufgeteilt: die linke Seite für Horus, die rechte für Sobek, den Krokodilgott. Die Reliefs im Inneren sind gut erhalten und im typischen "runden" ptolemäischen Stil ausgeführt.

Es zeigen sich jedoch bereits Spuren des Niedergangs, auf die uns Mohammed hinweist. So haben sich die Künstler hier nicht mehr durchgängig an den typischen ägyptischen Kanon gehalten.

Hof im Tempel

Interessant ist auch ein tiefer Brunnen im Tempelhof. Entgegen den Behauptungen der meisten Fremdenführer (nicht jedoch Mohammeds), dass hier die heiligen Krokodile gehalten wurden, diente dieser wohl einfach der Wassergewinnung.

Der Tempel wurde ab dem Jahr 189 vor Christus von den Griechen wieder aufgebaut. Trotzdem ist er nicht mehr gut erhalten, was wohl teilweise auch daran liegt, dass er in späteren Jahren als Steinbruch verwendet wurde.

Turmruine

Da es keinerlei Absperrungen gibt, kann ich sogar den eingravierten Konturen einiger Darstellungen mit den Fingern folgen, muss aber gestehen, dass ich ohne entsprechende Erläuterungen nicht viel erkennen hätte können.

Sonnenuntergang in Kom Ombo

Es wird langsam Abend und die Schatten länger, aber Mohammed wird nicht müde, unsere Phantasie mit Nahrung zu versorgen. Wir wollen achtlos an einer nur noch halbhohen Mauer vorüber gehen, aber Mohammed lenkt unsere Aufmerksamkeit auf die Darstellungen darauf. Zu sehen sind medizinische Geräte wie Skalpelle, aber auch Opium zur Betäubung der Patienten und Öle in Gefäßen. Vermutlich wurde der Tempel teilweise als Krankenhaus verwendet.

Dass die Ägypter Schädel geöffnet hatten, um Gehirnhautentzündung zu heilen, ist bekannt. Dass aber sogar Plomben für die Zähne gemacht wurden, erstaunt uns nun doch.

Mohammed macht einen kleinen Gedankenausflug in das noch ältere Ägypten. Der 1. namentlich bekannte Mediziner - so erzählt er - war Emotep zur Zeit des Königs Djoser, 2800 vor Christus. Er wurde später zum Gott der Heilkunst erhoben.

Jahreszeiten

Vor einer Mauer stoppt Mohammed die vorandrängende Menge und erklärt anhand einer sehr gut erhaltenen Darstellung den ägyptischen Kalender.

Der ägyptische Kalender

Die Einteilung des Jahres diktierte der Nil; das Jahr gliederte in drei Jahreszeiten: Überschwemmung, Landarbeit und Erntearbeit. Das ergab 12 Monate zu je 30 Tagen und 3 Wochen zu je 10 Tagen. An 8 Tagen wurde gearbeitet, 2 Tage waren frei. Der Tag wurde in 24 Stunden eingeteilt. Am Ende des Jahres wurden fünf Feiertage eingefügt, um die fehlende Zeit auszugleichen. Diese Einteilung wurde schließlich auch von den Römern übernommen.

Auf "Quartiersuche"

Als wir zur Anlegestelle kommen, ist unser Schiff nicht zu finden. Dafür tummeln sich dort die Massen, und wir scheinen nicht die einzigen auf der Suche nach dem richtigen Fahrzeug zu sein. Hier stehen bis zu drei Schiffe jeweils nebeneinander und wie viele den Kai flankieren, haben wir keine Zeit zu zählen, denn eigentlich sind wir spät dran. Wir durchqueren so manches Schiff um zu sehen, welches dahinter liegt und kehren dann doch ratlos wieder auf den Kai zurück.

Musikanten am Kai

Zwischen all den Verkaufsbuden, Straßenmusikanten und dem Menschengewoge aus aller Herren Länder entdecken wir schließlich andere Gäste unseres Schiffs, aber auch sie wirken ratlos. Wir machen uns daher gemeinsam systematisch auf die Suche und irgendwer entdeckt schließlich unsere MS Monaco in zweiter Reihe und Erleichterung macht sich breit. Abendessen und Nachtruhe sind gerettet.

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Bildbeschreibungen: Dorothea WINTERLING

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