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Von Kindheit an musste ich meinen Tastsinn trainieren. Was also könnte nahe liegender sein als die Bedienung durch Berührung?

Mein iPhone-Tagebuch
Ein maßgeschneidertes Konzept

14.03.2011

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Ich habe im vorherigen Beitrag schon erwähnt, dass ich näher auf das Bedienkonzept von Voice Over sowie meinen persönlichen Zugang zum und Umgang mit demselben eingehen möchte.

Erforschen durch Berühren

Der Gedanke, einen Touch Screen ohne Sicht auf denselben so effizient zu bedienen, dass man den Vorgang als "Bedienung" und nicht als "Herumsuchen" bezeichnen kann, ist schwer vorstellbar, mit etwas Übung aber möglich. Wer eine Schreibmaschine oder die PC-Tastatur nie mit dem Zehn-Finger-System bedient hat, sondern mit dem "Adler-Such-System", also mit den beiden Zeigefingern über die Tasten schwebend, und es mit dieser Methode dennoch zu einer ansehnlichen Geschwindigkeit gebracht hat, wird vielleicht verstehen, worauf es auch im Umgang mit einem Touch Screen ankommt: nämlich auf ausreichende Übung.

Trainer inbegriffen

Apple liefert mit dem iPhone (und anderen Produkten) nicht nur den Screen Reader Voice Over standardmäßig mit, sondern auch gleich den Trainer dazu. Dieser befindet sich, genau wie Voice Over, in den Bedienungshilfen und ist mit "Voice Over Übungen" überschrieben.

Die Bedienung erfolgt mittels Gesten, das sind vordefinierte Tipp- und Wischbewegungen, die, entsprechend deutlich ausgeführt, eine Aktion unmittelbar auslösen. Und genau diese Gesten kann man hier üben, ohne sie vorher zu kennen.

Lege ich nur einen Finger auf das Display, so erfahre ich, dass ich damit ein Objekt "berühre", es also nicht aktiviere. Allein mit dieser einzigen Geste bin ich schon in der Lage, die Elemente und auch die Anordnung derselben zu erforschen, ohne dass noch etwas passiert.

Um eine Aktion auf dem eben gesprochenen Element auszulösen, genügt ein Doppeltipp, ähnlich wie mit der linken Maustaste, und schon wird der Bildschirm neu aufgebaut und ich kann mit der Erforschung von Neuem beginnen.

Eine weitere Methode, sich den Inhalt zu erschließen, ist die Wischgeste. Dabei wischt man mit einem Finger rasch von links nach rechts (vorwärts) und von rechts nach links (rückwärts), um auf das nächste (oder vorige) Element zu navigieren. Über die genaue Lage am Bildschirm erfährt man auf diese Weise nichts Genaues, was für eine effiziente Bedienung im Alltag auch gar nicht erforderlich ist.

Belassen wir es bei diesen drei Gesten, sie sind schon die halbe Bedienung, auch wenn es noch viele andere gibt.

Ergänzt werden die Gesten durch unaufdringliche, jedoch deutlich unterscheidbare Töne: Ein Klick wie auf einer Schreibmaschine bei Nutzung der virtuellen Tastatur, ein feiner Doppelklick, wenn man beim Wischen von Element zu Element "in die nächste (oder vorige) Reihe wechselt und viele andere mehr, die nach einer gewissen Einarbeitungszeit in Fleisch und Blut übergehen.

Die "Geografie" des Bildschirms

Es mag seltsam erscheinen, aber ich bin ein visueller Typ mit dem nicht geringen Nachteil, visuelle Eindrücke nicht verwerten zu können. Konkret bedeutet dies, dass ich in Bildern denke und mir vieles geografisch merke: Der entscheidende Hinweis in einem Buch weit hinten, auf einer linken Seite und eher im unteren Bereich, Kugelschreiber und Block auf meinem Schreibtisch rechts hinten, das Suchfeld auf einer Webseite links oben - das sind meine Merkhilfen, die im Kopf zu "Lageplänen" zusammengesetzt werden.

Kein Wunder also, dass ich meine ersten Gehversuche auf dem Touch Screen nicht mit der sicheren, sondern der "tastenden" Methode begonnen habe. Zaghaft, langsam, unsicher und zitternd. Letzteres nicht aus Nervosität, sondern weil es gar nicht so einfach ist, im Millimeterbereich die Fingerkuppe zu platzieren, die ja größer als so manches Symbol ist.

Von Beginn an habe ich also oft genug nur mit dem Fingernagel meine Erkundungsreisen gemacht und so rasch ein Gefühl bekommen, wie weit bestimmte Elemente auseinander liegen. Bei vier Elementen in einer Reihe, wie auf dem Desktop, braucht es nicht viel Geschicklichkeit, um sie aufzufinden oder sogar gezielt zu treffen. In einem Text, wo die Zeilen eng beieinander liegen, ist das schon eine echte Herausforderung. In jedem Fall aber erhalte ich durch die unmittelbare Berührung am Bildschirm ein ziemlich genaues Wissen darüber, wo genau sich ein bestimmtes Element befindet. Dieses Wissen mag für die rasche Nutzung wenig Bedeutung haben, für die Bedienung einer Anwendung ist das Wissen um die Lage von Elementen aber sehr wohl von Interesse. Erst recht dann, wenn mehrere unbeschriftete Elemente vorhanden sind und ein anderer Nutzer erläutert, welche der Tasten man betätigen muss.

Der Finger wird zum Mauszeiger

Ich möchte dies an einem Beispiel verdeutlichen: Wenn Sie eine Anwendung immer wieder benutzen, so kennen Sie jene Elemente genau, die Sie am häufigsten benötigen, wissen deren Position und suchen danach nur in einem bestimmten Bereich des Bildschirms.

Ganz ähnlich funktioniert auch die oben beschriebene Methode mit dem Finger. Ich weiß einfach, dass in einer bestimmten Anwendung die Schaltfläche zum Bearbeiten rechts oben sitzt und während des Bearbeitungsvorgangs an derselben Stelle die Schaltfläche "Fertig" erscheint. In einer anderen Anwendung sind diese Bedienelemente vielleicht links oben oder auch links unten. Jedenfalls prägt sich das Grundmuster der Positionen nach und nach ein.

Während ich mich am PC mit einem Screen Reader von Element zu Element durchtabben muss, setze ich auf dem Touch Screen meinen Finger oft schon gezielt an die vermutete Position. Treffe ich diese nicht exakt, bin ich jedenfalls in der Nähe derselben und muss mit der Wischmethode (siehe oben) nur noch korrigieren.

Möglichst rasch ans Ziel

Nach nunmehr exakt zwei Monaten iPhone-Nutzung habe ich mir eine Kombination aus den beiden vorgestellten Methoden angeeignet: Wenn ich aufgrund meiner Vorstellung im Kopf die gesuchte Position annähernd kenne, so versuche ich bereits meinen Finger dort zu positionieren und korrigiere nach. Auf unübersichtlichen Bildschirmen und vor allem dann, wenn die Elemente sehr knapp beieinander liegen, wische ich lieber von Element zu Element.

Dasselbe gilt natürlich auch für neue und somit unbekannte Anwendungen: In einem ersten "Durchgang" versuche ich mir durch Berühren einen Überblick zu verschaffen. Dabei erfahre ich, wo die wichtigsten Elemente zu finden sind, wie weit diese auseinander liegen, ob der Bildschirm eher voll gestopft oder locker und übersichtlich ist und um welche Art von Elementen es sich überhaupt handelt (Links, Schalter, Tasten usw.).

In einem 2. "Rundgang" wische ich von Element zu Element um festzustellen, ob mir bei meiner ersten Erkundung etwas entgangen ist.

Für mich sind beide Methoden gleich wichtig und ich kombiniere sie fast immer. Denn die Reihenfolge der Elemente bei Nutzung der "Wischmethode" muss nicht unbedingt mit der optischen Reihenfolge am Bildschirm übereinstimmen, wie wir das ja von Webseiten kennen. Ich würde daher die Erkundungsmethode durch Berühren als die geografische, das Wischen als die lineare oder virtuelle bezeichnen.

Ein großer Werkzeugkasten

Ich habe in diesem Beitrag nur ganz wenige Gesten und deren Einsatz vorgestellt, kann damit jedoch bereits einen Großteil der Bedienung bewältigen. Für den Umgang mit der Tastatur sowie Surfen mit Safari gibt es da noch eine Menge weiterer wichtiger Werkzeuge. Das Editieren von Texten mit einer Software-Tastatur und der Umgang mit Webformularen will einfach gelernt und geübt sein.

Trotzdem beeindruckt es mich, wie wenig man braucht, um die Grundfunktionen eines "Taschencomputers mit Telefonfunktion" nutzen zu können. Und dieses Wissen reicht sogar für viele weitere Anwendungen aus.

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